Mit Kameras gegen Problemkunden
Pierre Cosandier ist seit 25 Jahren Direktor der Thuner Verkehrsbetriebe STI. Am traditionellen STI-Apéro mit Expertenreferaten sprach er über den immer schwierigeren Kontakt zu den Kunden.

«Bund»:Wann haben Sie zum letzten Mal in ihrem Betrieb eine Situation erlebt, bei welcher es Ihnen unwohl war?
Pierre Cosandier: Das war vor etwa drei Monaten in einem unserer Busse. Eine Frau ist zusammen mit ihrem etwa 15-jährigen Sohn eingestiegen und hat ihn mehrmals aufgefordert, endlich ein Billett zu lösen. Der Sohn hat jeweils nur mit «mmhmmh» geantwortet und ist einfach sitzen geblieben. Ich dachte: «Was mache ich nun? Habe ich Zivilcourage?» Ich sagte ihm dann: «Wenn jetzt ein Kontrolleur kommt, dann hat er Sie erwischt.» Schlussendlich hat die Mutter für den 15-jährigen Sohn ein Billett gelöst, weil er weiterhin sitzen blieb.
In Ihrem Referat gehen Sie davon aus, dass auf dem STI-Netz täglich bis zu tausend Fahrgäste ohne Billett unterwegs sind. Was kosten all diese Schwarzfahrer das Unternehmen?
Frankenmässig fällt dies nicht so ins Gewicht. Das sind vielleicht etwa 600000 Franken und das ist nicht alle Welt. Störend ist vielmehr die Mentalität, die mit dem Schwarzfahren verbunden ist.
Sie persönlich finden Bussen für Schwarzfahrer angebracht, wie Sie heute betonten. Der Konsumentenschutz aber weist darauf hin, dass Bussen eine «Schwachstelle beim öffentlichen Verkehr» seien.
Wir halten uns an ein entsprechendes Bundesgerichtsurteil, in welchem ganz klar festgehalten ist, dass Reisende einen gültigen Fahrausweis besitzen müssen. Tun sie dies nicht, so haben sie einen Zuschlag zu entrichten.
Nebst ungültigen Fahrausweisen hat das Buspersonal auch mit anderen Problemen zu kämpfen. Welches sind die grössten?
Die verbalen Attacken. Bädu Anliker hat dies in seinem Referat schön nachmachen können: «He du Mann, wosch ufe Gring, hesch o Familie, he?» Chauffeure sind geerdete Leute, das sind nicht Yuppies von ihrer ganzen Herkunft her. Mit solchen Attacken kommen sie schlecht zurecht. Wirklich schlimm sind aber die Situationen im Nachtdienst, wenn eine Gruppe von Typen einsteigt, die nicht gerade ein besonders gutes Gefühl beim Chauffeur auslösen.
Gäbe es nicht die Möglichkeit, die Nachtbusse von Sicherheitspersonal begleiten zu lassen?
Glücklicherweise sind wir noch nicht so weit, dass wir dies sofort einführen müssten. In der Westschweiz ist es aber nachts sehr schlimm – sowohl bei den Verkehrsbetrieben wie auch bei der Bahn. Nützlich wäre schon, wenn nicht direkt vor dem Bahnhof Thun die Randständigenszene beheimatet wäre. Das Verhältnis zur Polizei könnte zudem noch etwas besser werden.
Inwiefern?
Auf der Kommunikationsebene. Früher waren die Chauffeure per Funk direkt mit der Polizei verbunden, heute müssen sie bei Problemen telefonieren.
Sie haben heute davon gesprochen, dass sich die STI überlegt, die Busse per Video zu überwachen. Wie ausgereift sind diese Überlegungen?
Es ist mehr als eine Idee. Wir evaluieren Produkte und überlegen, wie man das machen könnte. Es wurden aber noch keine Beschaffungsentscheide gefällt.
Wird das Personal eigentlich auf schwierige Situationen vorbereitet?
Jeder neu eintretende Mitarbeiter geht in einen viertägigen Kurs des Verbands öffentlicher Verkehr. Selber laden wir ab und zu Fachreferenten zu Themen ein. Aber eben: Wir sind keine Psychologen.
Welcher Vorfall bei den STI hat Ihnen am meisten zu denken gegeben?
Als ein Chauffeur von einer Frau massive Faustschläge einstecken musste, weil er angeblich nicht angehalten habe, obwohl sie den Halteknopf betätigt habe. Es kam zu einer Gerichtsverhandlung.
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