Anschlag im ZugMesserangriffe erschüttern Deutschland
Ein staatenloser Palästinenser hat in einem Regionalexpress eine 17-Jährige und einen 19-Jährigen erstochen und fünf weitere Menschen verletzt. Vor kurzem sass er noch in Haft.

Es ist der Albtraum jedes Menschen, der Zug fährt: Ein Mann stach am Mittwoch im Regionalexpress zwischen Kiel und Hamburg unvermittelt zu und hielt damit erst ein, als Fahrgäste ihn überwältigten. Im Zug brach Panik aus, Blut fand sich in vier Waggons und auf dem Gleis der Kleinstadt Brokstedt, wo der Zug zum Stehen kam. Am Ende waren eine 17-Jährige und ein 19-Jähriger tot, fünf weitere Menschen verletzt, zwei von ihnen lebensgefährlich. Der Messerstecher wurde festgenommen und verletzt ins Spital gebracht. Laut Polizei machte er einen stark verwirrten Eindruck.
Beim mutmasslichen Täter handelt es sich um den 33-jährigen Ibrahim A., der in Gaza geboren wurde und staatenloser Palästinenser ist. Er kam 2014 nach Deutschland und erhielt 2016 subsidiären Schutz; allerdings läuft derzeit ein Verfahren, ihm diesen wieder abzuerkennen. Der Polizei ist der offenbar drogensüchtige, häufig obdachlose Mann gut bekannt. Seit 2015 wurden ihm zwölf Straftaten vorgeworfen: Sie reichen von Ladendiebstahl über Checkbetrug und Sachbeschädigung bis hin zu Bedrohung, sexueller Nötigung und gefährlicher Körperverletzung, in drei Fällen setzte er ein Messer ein, einmal verletzte er bereits einen Mann lebensgefährlich.
Bis sechs Tage vor der Tat sass Ibrahim A. noch in Hamburg in Untersuchungshaft. Er war im letzten August in erster Instanz zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, wurde aber freigelassen, weil er zu diesem Zeitpunkt seine Strafe weitgehend verbüsst hatte. Die Polizei versucht nun herauszufinden, was den Mann antrieb. Aus Sicherheitskreisen verlautet, der Palästinenser sei bisher nicht als religiöser Extremist aufgefallen. Eine psychische Erkrankung wird für möglich gehalten.

Politik und Öffentlichkeit reagierten entsetzt auf die Bluttat. Seit einiger Zeit häufen sich schwere Angriffe mit Messern, nicht selten ereignen sich die Taten in Zügen oder auf Bahnhöfen. Zum schwersten solchen Vorfall kam es vor gut einem Jahr in einem ICE zwischen Regensburg und Nürnberg. Ein junger Syrer palästinensischer Herkunft stach dort auf Passagiere ein und verletzte vier von ihnen schwer. Der Täter wurde kürzlich zu 14 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht stellte einen islamistischen Hintergrund fest. Nach der Tat hatte der Angreifer noch als psychisch verwirrt gegolten.
Messerattacken gab es zuletzt auch in Warenhäusern oder auf der Strasse: In Illerkirchberg erstach im Dezember ein Afghane eine 14-jährige Schülerin und verletzte deren Freundin schwer. In Ludwigshafen ermordete im Oktober ein Somalier zwei Handwerker, zuvor hatte ein Landsmann 2021 in Würzburg drei Frauen erstochen. In vielen Fällen waren die Täter Einwanderer, oft waren sie zuvor bereits psychiatrisch oder polizeilich aufgefallen. Oft stammten sie aus Ländern, in die Deutschland auch verurteilte Straftäter nicht abschiebt, häufig musste die Polizei das Motiv im Grenzbereich zwischen Wahn und Extremismus suchen.
Die Politiker sind ratlos
Behörden und Politik sind sich bewusst, dass die Häufung solcher Vorfälle das Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung beeinträchtigt. Vorschläge, wie ähnliche Attacken in Zukunft verhindert werden können, muten aber eher ratlos an. Landesinnenminister der CDU fordern die Bundesregierung auf, Gewalttäter künftig auch wieder in Länder wie Syrien oder Afghanistan abzuschieben. SPD und Grüne lehnen das ab und fordern stattdessen bessere Betreuung oder Kontrolle. Die AfD wiederum nutzt die Attacken für pauschale Polemik gegen Muslime und die Forderung, die «Massenmigration nach Deutschland» endlich zu stoppen.
Das Bundeskriminalamt arbeitet schon seit 2021 mit Bund und Ländern daran, junge Männer früher zu identifizieren, die psychisch labil und gewaltbereit sind und künftig eine öffentliche Gefahr darstellen könnten. Wie wirksam solche Früherkennung und Prävention ist, hängt allerdings stark von den eingesetzten Mitteln ab.
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