Merkel bleiben zwei Wochen im Asylstreit
Die Kanzlerin verhandelt mit Frankreich und Italien, CSU-Chef Seehofer setzt ihr eine Frist, und Trump feuert Richtung Berlin.

Dass die deutschen Christdemokraten und die bayerischen Christlich-Sozialen derzeit nicht mehr viel verbindet, zeigt sich auch an Kleinigkeiten. Die Parteischwestern hatten in den letzten Tagen immer wieder getrennt getagt, und am Montag schafften sie es sogar, gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten die Medien zu informieren. In Berlin sprach die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, während in München CSU-Chef Horst Seehofer die Sicht seiner Partei darlegte. Verhandlungen, die Termine zu staffeln, waren zuvor an der Frage gescheitert, wer seinen Auftritt verschieben solle.
In der Sache immerhin gab es eine einstweilige Verständigung: Seehofer akzeptiert Merkels Bitte um einen 14-tägigen Aufschub. In dieser Frist will die Kanzlerin nun bilaterale Abkommen mit europäischen Partnern aushandeln, die es Deutschland erlauben, Asylsuchende an der Grenze abzuweisen und in Länder abzuschieben, in denen sie bereits registriert wurden. Nach europäischem Recht ist dies nicht pauschal und nicht sofort möglich, sondern nur nach Prüfung des Einzelfalls. Merkel kündigte an, nach Ende des EU-Gipfels am 1. Juli mit ihrer Partei und danach mit der CSU zu beraten, was man erreicht habe und wie man weiter vorgehen wolle.
Merkel betonte mehrmals, dass es aus ihrer Sicht auch nach einem Scheitern der Gespräche auf europäischer Ebene keinen «Automatismus» für Zurückweisungen gebe – darauf beharrt Seehofer weiter. Falls Merkels Bemühungen keine «wirkungsgleichen» Ergebnisse zeitigten, sei er ab 1. Juli «fest entschlossen», Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Merkel wiederum sagte, dass ihre «Richtlinienkompetenz» verletzt wäre, würde Seehofer dies gegen ihren Willen tun. In diesem Fall müsste sie den Innenminister wohl entlassen.
«Nationale Lösungen» in Europa
Seehofer wirkte nicht nur entschlossen, sondern geradezu grimmig. Die CSU wolle eine Wende in der Asylpolitik erzwingen. Man habe die Migration «nicht wirklich im Griff». Es gehe hier nicht um «14 Tage», sondern um einen «grundlegenden Dissens». Wenn es auf europäischer Ebene nicht gelinge, die Lasten der Migration besser zu verteilen, trete die CSU für «nationale Lösungen» ein. Merkel hingegen betonte erneut, dass für sie die europäische Abstimmung Vorrang hat.
Video: Merkel zum Asylstreit
Deutschland führe bereits Gespräche mit mehreren europäischen Partnern, sagte Merkel. Am Abend begrüsste sie den neuen italienischen Regierungschef Giuseppe Conte. Sie versprach ihm Deutschlands Solidarität in der Flüchtlingsfrage. Man müsse auch sehen, inwieweit man das Problem bereits in Nordafrika angehen könne. Auf die Frage, was sie anderen Ländern denn anbieten könne, um diese zu mehr Rücknahmen zu bewegen, hatte sie am Nachmittag auf das Abkommen mit der Türkei verwiesen. Im Gegenzug zur Bereitschaft, ihre Grenzen besser zu schützen, habe die EU der Türkei Milliarden für Unterhalt und Bildung der syrischen Flüchtlinge überwiesen.
Seehofer kündigte am Montag zudem an, dass Migranten, die mit einer Wiedereinreisesperre belegt seien, ab sofort an der deutschen Grenze zurückgewiesen würden. Es geht um Flüchtlinge, die nach einem regulären Asyl- oder Zuständigkeitsverfahren abgeschoben wurden, aber gleichwohl zurückkehren. Seehofer nannte es einen «Skandal», dass man solche Menschen bisher wieder habe einreisen lassen. Ein Sprecher der Bundespolizei bestritt aber sogleich, dass dies der Fall sei.
Trumps Zugabe via Twitter
Zurückweisungen an der Grenze sind bei weitem nicht die einzige rechtlich und politisch umstrittene Massnahme, mit der Seehofer seine «Asylwende» durchsetzen will. In seinem Plan figurieren auch sogenannte Schutzzonen in Nordafrika, in die man Flüchtlinge zurückbringen will, die übers Mittelmeer nach Europa zu gelangen suchen. Andere Asylhardliner in Europa fordern Ähnliches, der österreichische Kanzler Sebastian Kurz etwa oder der neue italienische Innenminister Matteo Salvini. Massnahmen dieser Art wären in der Grossen Koalition allerdings kaum mehrheitsfähig. SPD-Chefin Andrea Nahles kündigte bereits an, sich auch einem allfälligen CSU/CDU-Kompromiss zu Zurückweisungen zu verweigern, wenn dieser für die Sozialdemokraten untragbar sei.
Und schliesslich, das hatte an diesem Tag noch gefehlt, mischte sich auch Donald Trump noch in die schwere deutsche Regierungskrise ein: «Die Deutschen», freute sich der US-Präsident auf Twitter, wendeten sich wegen der Migration gegen ihre bereits «schwache» Regierung. Es sei in ganz Europa ein Fehler gewesen, Millionen Menschen aufzunehmen, die die dortige Kultur stark verändert hätten.
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