Lichtsteiner ist Augsburgs Hoffnungsträger
Der Nationalspieler schlägt mit 35 Jahren ein neues Kapitel auf: Mit dem FC Augsburg spielt er gegen den Abstieg aus der Bundesliga.

Lazio Rom, Juventus, Arsenal – und jetzt Augsburg. Es ist nicht die grosse Adresse, die Stephan Lichtsteiner zum Ende seiner Tage als Fussballer ausgewählt hat. Das weiss auch er, aber es ist für ihn auch der Moment, um philosophisch zu werden. Darum sagt er: «Das Leben ist so gemacht, dass spezielle Herausforderungen auf einen warten.»
Augsburg also, die Stadt von Bertolt Brecht und Bernd Schuster, dem Dichter und dem Fussballer, eine Stadt im Schatten von München. Der FCA passt hierher, er ist grundsolide, ohne Aufregung geführt. Wenn er sich in der Bundesliga halten kann, ist das schon ein grosser Erfolg.
Die Strategie mit Lichtsteiner
Im Moment sieht es nicht so gut aus. Die alte Saison beendete die Mannschaft mit einem 1:8 in Wolfsburg und auf Platz 15, und nach einem tiefgreifenden Umbruch im Sommer hat sie die neue mit einem 1:2 beim Viertligisten Verl im Cup und dem 1:5 in Dortmund in der Meisterschaft begonnen. Lichtsteiner ist darum kein zufälliger Transfer, sondern ein strategischer. Er soll all seine Qualitäten einbringen, damit es für den FCA sportlich wieder aufwärts geht: seine Leidenschaft, seine Erfahrung, seinen Ehrgeiz.
Augsburg hat viele Baustellen, ganz besonders rechts hinten, das ist Lichtsteiners bevorzugter Arbeitsplatz. Hier hat er seine bemerkenswerte Karriere gemacht, von GC über Lille, die Serie A und die Premier League bis in die Bundesliga, seine vierte grosse Liga, «eine Top-Liga», wie er sagt.
An diesem verregneten Dienstagmorgen hat er ein erstes Mal unter dem Walliser Trainer Martin Schmidt trainiert, und als er dann hinsteht, um Fragen zu beantworten, sagt er ganz viel «top». Nachdem er bei «Top-Top-Clubs» gewesen sei, habe er sich überlegen müssen, was er noch wolle: «Die zweite Geige spielen oder wieder regelmässiger spielen?»
Bei den Arsenals dieser Welt wäre seine Einsatzzeit beschränkt gewesen, so wie schon letzte Saison, als er in 23 von 58 Spielen auf dem Platz stand. In Augsburg aber wird er von einer Zeitung wie der «Augsburger Allgemeinen» als «Top-Transfer» begrüsst. Da ist er ein Hoffnungsträger für eine junge, verunsicherte Gruppe, in der es an Erfahrung fehlt. Er will mit den Spielern sprechen, ihnen mit Erklärungen helfen und ein Vorbild sein. «So etwas habe ich noch nie gemacht», sagt er grundsätzlich. «So etwas» heisst für ihn: nicht um Titel zu spielen gerade wie bei Juventus, wo er in sieben Jahren sieben Mal Meister wurde und viermal Cupsieger, sondern eben gegen den Abstieg.
Die Rückkehr ins Nationalteam?
Lichtsteiner hat sich über den Sommer privat fit gehalten, er ist ohnehin nie einer gewesen, der sich gehen lässt. Zum Geburtstag darf es schon ein Stück von der Torte sein, die ihm seine Frau gemacht hat. «Einmal ihm Jahr kann ich mir das leisten», hat er einmal gesagt, «ansonsten muss ich auf meine Linie achten.» Vor Augen ist darum noch immer das Zitat vor dem Länderspiel der Schweiz in Georgien im März: «Ich spiele, bis es mich verbläst.»
In Tiflis stand der 35-Jährige zum 105. Mal für die Schweiz im Einsatz. Danach brachte es Vladimir Petkovic nicht fertig, ihn zum Finalturnier der Nations League nach Portugal mitzunehmen. Vielleicht wird er seinen Stamm-Captain bald wieder benötigen – weil Kevin Mbabu in Wolfsburg vorerst nur Ersatz ist und Michael Lang, der Schweizer Aussenverteidiger Nummer 3, in Mönchengladbach gar nicht mehr gefragt ist.
Am Samstag ist Lichtsteiners Debüt bei Augsburg zu erwarten, wie auch von Tin Jedvaj, den Augsburg als Innenverteidiger von Bayern Leverkusen ausgeliehen hat. Es ist gleich ein wichtiges Spiel. Union Berlin, der Aufsteiger, der zum Einstand daheim gegen Leipzig 0:4 verlor, kommt nach Augsburg.
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