Kompetent in fünf MinutenKunst für Dummies
13 Fragen und Antworten rund um die Welt der Kunst – damit Sie beim Art-Small-Talk mithalten können, selbst wenn Sie von der Materie keine Ahnung haben.

Sie stehen vor einem Bild, schütteln ungläubig den Kopf und raunen in die Runde: «So was soll Kunst sein? Das kann doch jeder!» Damit haben Sie schon verloren: Sie stehen als Depp da, als totaler Banause, blamiert bis auf die Knochen. Die Kunstbranche ist für Laien ein Universum, in dem man sich schnell verlieren kann. Damit Ihnen das niemals passiert, haben wir für Sie Wissenswertes und Hilfreiches rund um den Kunstbetrieb zusammengestellt.
Wie bauen Sie Scheinkompetenz auf?
Jede Branche hat ihren Jargon, auch die Kunstbranche. Legen Sie sich diesen Jargon zu und üben Sie. Das ist kaum anstrengender als Gymnastik und geht erst noch ohne Schwitzen. Bezeichnen Sie ein Bild also nicht bloss als «Werk». Reden Sie lieber von einer «künstlerischen Intervention» oder einer «Position». Lernen Sie ein paar Sätze auswendig, die Sie an einer Vernissage zum Besten geben können.
Wenn Sie sagen: «Die Blumen auf diesem Bild sehen aus wie echt!», wird man Sie niemals ernst nehmen. Erst mit Wendungen wie «Das ist ein subtil ausformuliertes Aquarell!» machen Sie Eindruck. Sagen Sie: «Diese Künstlerin beeindruckt durch ihre malerische Bewegung, mit der sie die Bildebene in das Volumen des Raumes verschiebt.» Doppeln Sie nach mit dem Satz: «Diese parallelistisch aufgebaute Komposition thematisiert die Auflösung traditioneller Vorstellungen von Identität.» Jetzt ist es nur noch ein kleiner Schritt vom Laien zum Kunstkritiker.
Wie unterscheiden Sie gute Kunst von schlechter?
Eine Gebrauchsanweisung oder eine App wären hilfreich. Leider existiert keine. Sie müssen sich selbst mit einem Kriterium helfen. Wie wäre es mit folgendem: Gute Kunst ist Kunst, die nicht schlecht ist. Zugegeben, das ist allzu simpel und beantwortet die Frage nicht, was schlechte Kunst ist.
Die «Neue Zürcher Zeitung» hat einmal folgende hilfreiche Definition geliefert: Schlecht ist Kunst, wenn sie Effekthascherei betreibt oder dahinter eine Strategie des kalkulierten Skandals steckt. Dazu gehören beispielsweise pornografische Elemente oder Gräuelbilder, gepaart mit einer provokanten politischen Aussage, die über Schwächen des Werks hinwegtäuschen.
Was ist Kitsch?

Der Gartenzwerg Ihres Nachbarn ist Kitsch. Ausser, er wäre vom französischen Bildhauer Auguste Rodin geschaffen worden. Dann wäre er eine Plastik von unschätzbarem Wert. Wenn man Sie fragen sollte, was Kunst von Kitsch unterscheidet, zitieren Sie folgenden Satz aus der Zeitschrift «Spektrum der Wissenschaft»: «Im Gegensatz zu Kitsch hat Kunst den Anspruch, originell und neuartig, bisweilen sogar unzugänglich oder unbequem zu sein. Kitsch spendet Geborgenheit, Kunst appelliert eher an unsere Neugierde.»
Müssen Sie sich schämen, wenn Sie einen Kunstdruck aus dem Warenhaus aufhängen?

Johann Wolfgang von Goethe sagte einmal: «Erlaubt ist, was gefällt.» Wenn Sie also in der Wanddekorabteilung von Ikea die «Landschaft in Blau, 50 x 70 cm» zum Preis von 16.95 Franken erstanden haben, dürfen Sie sie stolz nach Hause tragen.
Falls Sie damit Ihre Wohnzimmerwand schmücken wollen, sollten Sie aber elementare Gestaltungsregeln beachten. Wenn Sie bereits andere Kunstdrucke besitzen, könnten Sie alle einheitlich entlang einer Kante positionieren. Sie dürfen auch die sogenannte «Petersburger Hängung» praktizieren. Dabei wird eine Wand von oben bis unten dicht an dicht mit Bildern geschmückt – so, wie es die Zaren im Sankt Petersburger Winterpalast zu tun pflegten.
Was bedeutet es, wenn unter einem Bild «ohne Titel» steht?
Nichts. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Experten sagen: «Kunst ist subjektiv. Also beeinträchtigt jeglicher Hinweis auf mögliche Bedeutungen den Dialog zwischen Künstler und Betrachter.» Der lettisch-amerikanische Maler Mark Rothko fabrizierte unzählige Bilder ohne Titel; sie können einzig aufgrund ihrer Farben unterschieden werden.
Dürfen Sie Bilder in einer Ausstellung berühren?
Falls Sie immer schon mal mit der Polizei zu tun haben wollten, können Sie das machen. Ansonsten ist es nicht wirklich ratsam. Was in der Hausordnung des Kunstmuseums Basels steht, gilt wohl für alle Ausstellungsräume dieser Welt: «Das Berühren der Kunstwerke ist verboten. Es ist ein Abstand von mindestens 50 cm zum Kunstwerk einzuhalten. Bei Nichteinhaltung wird ein Alarm ausgelöst.»
Auf Instagram gab es zwar mal eine Bewegung namens «Touching The Art». Sie wollte die Kunst «befreien und demokratisieren» und ermunterte Museumsbesucher, Kunstwerke anzufassen, davon Selfies zu machen und diese auf sozialen Medien zu posten. Der Instagram-Account existiert aber nicht mehr. Das sagt schon alles.
Was ist überhaupt Kunst?

Sollte Ihnen diese Frage gestellt werden, rollen Sie mit den Augen und seufzen Sie bedeutungsvoll. So machen Sie Ihrem Gegenüber klar, dass diese Frage eine Zumutung ist. Dann helfen Sie sich am besten mit einer Definition aus der Patsche, die vom Komiker Karl Valentin stammt: «Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.» So weichen Sie elegant aus und stossen gleichzeitig den Kunstbegriff elegant vom Sockel des Elitären.
Falls Sie auf Wikipedia zurückgreifen wollen, zitieren Sie: «Kunst ist jede entwickelte Tätigkeit von Menschen, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist.» Weil aber die meisten Leute irgendeine Tätigkeit beherrschen, die auf Übung beruht – Gemüseschälen etwa oder Velofahren – könnten Sie auf Joseph Beuys verweisen, der einst gesagt hat: «Jeder Mensch ist ein Künstler.»
Sie dürfen auch sagen: «Kunst kommt von Können.» Wobei ein Könner seines Fachs noch lange kein Künstler sein muss. Der irische Schriftsteller Oscar Wilde behauptete: «Alle Kunst ist ziemlich nutzlos.» Friedrich Schiller schrieb: «Ernst ist das Leben, heiter die Kunst.» Das ist, mit Verlaub, völlig daneben: Kunst kann ja auch sehr düster sein. Was also ist Kunst? Sagen Sie einfach: «Ein menschliches Kulturprodukt!» Oder schweigen Sie wortreich, bis jemand das Thema wechselt.
Welche Arten von Kunst gibt es?
Wenn Sie die folgenden fünf Kategorien auswendig aufzählen können, sind Ihnen bewundernde Blicke sicher.
Unter bildender Kunst versteht man Werke, die sicht- und greifbar sind, zum Beispiel Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Grafiken.
Zur darstellenden Kunst gehören Theater und Tanz.
Angewandte Kunst ist Gebrauchskunst, bei der das Schmücken und Dekorieren im Vordergrund steht.
Konzeptkunst ist eine in den 1960er-Jahren entstandene moderne Kunstrichtung, bei welcher der Idee des Kunstwerks mehr Bedeutung beigemessen wird als der Herstellung.
Abstrakte Kunst ist Kunst, die auf die konkrete Darstellung von Objekten, Menschen oder Landschaften verzichtet.
Welches ist das berühmteste Gemälde der Welt?

Es ist nicht Ihre bei Ikea für 16.95 Franken erstandene «Landschaft in Blau, 50 x 70 cm», auch wenn sie womöglich in Millionen von anderen Haushalten hängt. Vielmehr dürfte es Leonardo da Vincis «Mona Lisa» sein. Das Porträt der Dame mit dem schwer zu interpretierenden Gesichtsausdruck ist im Pariser Louvre ausgestellt.
Wer ist der prominenteste Maler der Geschichte?

Die trockenen Fakten lauten: Michelangelo Buonarroti (1475-1564) gilt als einer der grössten Maler und Bildhauer aller Zeiten. Der Superstar der italienischen Renaissance schuf unter anderem die Fresken in der Sixtinischen Kapelle in Rom. Liefern Sie Ihren Zuhörern aber auf jeden Fall noch eine Anekdote. Auf die Frage, wie man eine Löwenskulptur schaffe, soll Michelangelo geantwortet haben: «Man muss bloss alles weghauen, das nicht nach Löwe aussieht!» Jetzt haben Sie die Lacher auf Ihrer Seite.
Welches ist das teuerste Gemälde der Welt?

Laut «Wirtschaftswoche» erzielte das Bild «Salvator Mundi» («Weltenretter») des Renaissancemalers Leonardo da Vinci 2017 im New Yorker Auktionshaus Christie’s den Rekordpreis von über 450 Millionen US-Dollar. Damit sei es das teuerste Gemälde der Welt. Ersteigert hat es der saudische Kronprinz Muhammad bin Salman. Im Vergleich dazu war David Hockneys «Portrait of an Artist», das 2018 ebenfalls bei Christie’s für 90,3 Millionen Dollar versteigert wurde, ein Schnäppchen.
Wo bleiben die Frauen im Kunstmarkt?
Falls Sie Gleichstellungsbeauftragte oder Genderaktivistin sind, werden Sie erbleichen: Frauen sind in der Minderheit. Laut der Deutschen Welle verkaufen selbst Galeristinnen lieber Werke von männlichen Künstlern. Offenbar sinkt der Marktwert einer Künstlerin, sobald sie Mutter wird und später keine neuen Werke mehr produzieren kann.
Wie wichtig ist der Bilderrahmen?

Gegenfrage: Würden Sie einen Picasso auf nackter Leinwand an die Wand nageln? Erst ein würdiger Rahmen macht aus einem Bild ein Kunstwerk. Er kann mit Blattgold verziert oder aus Plastik sein. Nur aus dem Rahmen fallen darf er nicht.
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