Konsumentenschutz erleidet empfindliche Niederlage
Im Streit mit dem SVP-nahen Konsumentendienst unterliegt die Stiftung für Konsumentenschutz vor Gericht. Nun prüft sie, ob sie das Urteil weiterziehen will.

Seit Februar 2016 ist der Streit zwischen den beiden Konsumentenorganisationen schrittweise eskaliert. Auf der einen Seite steht der Konsumentendienst des Unternehmers Patrick Dütschler, der eine politische Nähe zur SVP bestätigt. Auf der anderen Seite mit der Stiftung für Konsumentschutz (SKS) die grösste Konsumentenorganisation der Schweiz.
Am Anfang der Auseinandersetzung stand ein Artikel, den die SKS im Februar 2016 auf ihrer Internetseite aufschaltete. Darin wirft sie dem Konsumentendienst vor, er missbrauche den Namen der SKS, um Mitglieder zu werben. Es folgten weitere kritische Beiträge, auch auf sozialen Medien. Mit einer Strafanzeige wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen im Telefonmarketing des Konsumentendiensts konnte sich die SKS nicht durchsetzen. Sie stützte sich auf Aussagen von skeptischen Mitgliedern, die meinten, von der SKS angerufen worden zu sein. Dütschler gelang es, die Vorwürfe mit Tonbandaufnahmen zu entkräften – das Verfahren wurde eingestellt.
Vorwürfe unwahr oder irreführend
Schliesslich hatte Dütschler genug von der «Hetzkampagne» und verklagte seinerseits die SKS. Nun liegt das Urteil des Berner Handelsgerichts vor. Es gibt fast durchwegs Dütschler recht. So darf die SKS die Öffentlichkeit nicht mehr dazu auffordern, auf eine Mitgliedschaft beim Konsumentendienst zu verzichten, bestehende Vertragsverhältnisse mit dieser Organisation aufzulösen oder Rechnungen nicht zu bezahlen. Der Titel «Konsumentendienst spielt sich als Konsumentenschutz auf» muss gelöscht werden. Ähnliche Inhalte untersagt das Gericht. Ebenso nicht mehr erlaubt ist die Aussage, dass der Konsumentendienst «unsinnige Angebote verkauft». Auch beim Vorwurf der «aggressiven Mitgliederwerbung» muss die SKS zurückkrebsen.

Der Konsumentendienst betreibe gewöhnliches Telefon-Marketing, das nicht a priori als aggressiv bezeichnet werden könne, argumentiert das Handelsgericht in seiner schriftlichen Begründung. Der Vorwurf aggressiver Werbung sei nicht nur herabsetzend, sondern auch unwahr oder zumindest irreführend. Der Vorwurf, dass der Konsumentendienst «unsinnige Angebote» mache, halten die Rüchter für «pauschale Herabwürdigung». Es fehlten «die sachlichen Gründe für eine derart unspezifische Kritik». Und dass sich der Konsumentendienst als SKS ausgibt, liess sich in den Augen der Richter nicht schlüssig beweisen. Es deute schlichtweg nichts darauf hin, dass die SKS viele entsprechende Meldungen von verunsicherten Konsumenten erhalten habe.
In einzelnen Punkten gibt das Handelsgericht auch der SKS Recht. So liege bei der Verwendung des Worts «Knebelvertrag» keine unnötige Verletzung vor. Die zwar plakative Bezeichnung gehe nicht über verletzender Weise über das hinaus, was den Tatsachen entspreche. Doch in rund drei Vierteln aller strittigen Fragen geben die Richter dem Konsumentendienst Recht. Die SKS muss dem Konsumentendienst eine Parteientschädigung von knapp 8800 Franken entrichten.
«Wir müssen Missstände kritisieren und Konsumenten warnen dürfen, egal um was für ein Unternehmen es geht.»
«Wir werden das Urteil vertieft prüfen und allenfalls vor der nächsthöheren gerichtlichen Instanz anfechten», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Innerhalb von 30 Tagen kann beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden. Das Urteil komme einem Maulkorb gleich, was für die SKS nicht akzeptabel sei. «Wir müssen Missstände kritisieren und Konsumenten warnen dürfen, egal um was für ein Unternehmen es geht.» Sie bedauert, dass das Berner Handelsgericht die Kritik der SKS am Konsumentendienst als nicht zulässig erachtet. Diese Kritik erfolgte laut Stalder aufgrund zahlreicher Beschwerden von Konsumenten.
Dütschler ist erfreut über das Urteil. «Die richterliche Bestätigung, dass die Stiftung für Konsumentenschutz eindeutig über das Ziel hinausgeschossen ist, stärkt mir den Rücken», sagt er. Zudem habe das Handelsgericht klare Grenzen definiert, welche die SKS nun einhalten müsse. Dütschler will nun mit dem Konsumentendienst fortfahren und sich weiter verbessern.
Schreiben, die wie Rechnungen aussehen
Dass weitere Verbesserungen notwendig sind, räumt Dütschler im Zusammenhang mit einem kritischen Bericht der Konsumentensendung «Espresso», die Radio SRF 1 gestern Dienstag gesendet hat und dessen Sachverhalt Dütschler weitgehend bestätigt. In der Weihnachtszeit versandte der Konsumentendienst Einzahlungsscheine für eine Mitgliedschaft im Betrag von 95 Franken. Darauf ist nur klein vermerkt, dass keine Beitragspflicht bestehe. Doch das Papier wirkt wie eine Rechnung und kann einen falschen Eindruck erwecken. «Das fragliche Schreiben dürfte deshalb gegen das UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) verstossen», zitiert die Konsumentensendung das Staatssekretariat für Wirtschaft. Schon 2015 verschickte Dütschler über seine inzwischen aufgelöste Firma Telecom Directories Schreiben, die wie Rechnungen der Swisscom wirkten. Dafür wurde er wegen unlauteren Wettbewerbs zu einer Busse und einer bedingten Geldstrafe verurteilt.
Zu den neuen Vorwürfen meint Dütschler: «Wir haben das Schreiben an unsere Passivmitglieder genau geprüft und hielten es für korrekt.» Von den 2500 angeschriebenen Personen hätten nur wenige den Betrag einbezahlt. Daraus schliesst Dütschler, dass den Empfängern die Freiwilligkeit des Beitrags bewusst war. «Allfälligen rechtlichen Schritten sehe ich zwar gelassen entgegen, dennoch werde ich meine Lehren ziehen und den Jahresbeitrag in Zukunft nicht mehr auf diese Weise in Rechnung stellen.»
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