Kommentar: Hehre Worte
Das Gipfeltreffen der G20-Länder vom 2. April wirft seine Schatten voraus. Auch auf die Schweiz, die nun das Bankgeheimnis für ausländische Steuerhinterzieher abschaffen will, um ja nicht auf einer schwarzen Liste zu erscheinen. Die Erklärung der G20-Finanzminister und Notenbankchefs vom Wochenende widmet der Steuerfrage nur knapp zwei Zeilen – mit der Forderung nach einer schwarzen Liste und dem Aufruf zu Massnahmen gegen Steueroasen. Keine Angst: Die Franzosen meinen damit nicht Monaco, die Briten meinen nicht ihre Trusts (Stiftungen), und die Amerikaner meinen nicht die Scheinfirmen in US-Gliedstaaten à la Delaware, die wie britische Trusts Kriminelle schützen und ein Magnet für ausländische Fluchtgelder sind. Damit muss die kleine Schweiz leben: Heuchelei gehört zur Politik wie die Luft zum Atmen.
Doch die Welt hat dringlichere Wirtschaftsprobleme: Das Finanzsystem bleibt wacklig, eine Kreditverknappung droht, und die Weltwirtschaft rutscht in eine Rezession. Der G20-Gipfel wird die Rezession nicht abwenden. Doch internationale Koordination kann vielleicht Schlimmeres verhindern. Wichtig wäre etwa die Absage an den Wiederaufbau von Handelsbarrieren. Die Erklärung der Finanzminister enthält einen hehren Satz dazu, doch auch hier ist die Gefahr der Heuchelei gross: In den Niederungen nationaler Politik ist die Bevorzugung von Inländern meist populär.
Unbestritten ist derweil die Aufstockung der Mittel für Länderkredite des Internationalen Währungsfonds (IWF): Die Krise trifft auch viele Schwellenländer stark, die auf Hilfe von aussen angewiesen sind. Noch fehlt die Einigung über das Ausmass der Aufstockung – ein Problem, das die Erklärung der Minister in bewährter Manier löst: mit hehren Worten anstelle von konkreten Zahlen.
Das Gleiche gilt für die Debatte um weitere Konjunkturprogramme. Die Amerikaner hätten gerne Zahlen genannt, doch die Europäer sträuben sich zu Recht dagegen: Nicht jedes Land steckt in der gleichen Lage, weshalb eine Einheitsgrösse für Konjunkturprogramme kaum sinnvoll scheint. Im Vergleich zu den Europäern müssen die Amerikaner mehr tun, weil ihr Sozialnetz dünner ist und weil sie mit einer besonders starken Rezession kämpfen. Die Amerikaner können auch mehr tun – weil sie als Drucker der «Weltwährung» US-Dollar immer noch besondere Kreditwürdigkeit geniessen und gewisse ausländische Zentralbanken (die wegen hoher Dollarreserven und hoher US-Exporte ihres Landes keinen Dollarfall wollen) in Geiselhaft halten.
Doch Besitzer von Dollaranlagen sind gewarnt: Der eleganteste Weg für die USA zur Linderung ihres künftigen Staatsschuldenproblems wird Inflation und damit ein weiterer Dollartaucher sein – womit die Amerikaner wie schon in der laufenden Finanzkrise die Zeche ihres Schlamassels zum Teil dem Ausland anhängen könnten.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch