Kommentar: Geschickter Schachzug
Die Frühförderung im Vorschulalter ist wichtig – sie verbessert die Leistungen der Kinder und ihre soziale Kompetenz. Von dieser Erkenntnis liess sich die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) leiten, als sie den obligatorischen zweijährigen Kindergarten ab dem 4. Lebensjahr im Schulkonkordat Harmos festlegte. Was die EDK zu wenig beachtete, waren die unterschiedlichen regionalen Befindlichkeiten und Bedürfnisse: Je grösser der Anteil der Bevölkerung, der in einem ländlichen Umfeld lebt und arbeitet, desto kleiner die Bereitschaft, nationale Eckwerte im Schulwesen gutzuheissen. Dies zeigten die bisherigen Harmos-Abstimmungen in den Kantonen. Drei Stände haben das Konkordat bisher verworfen. Die Kindergarten-Frage dürfte dabei zumindest in Luzern entscheidend gewesen sein. Die Ankündigung mehrerer Kantone, beim Eintrittsalter grosszügige Ausnahmeregelungen festzulegen, ist deshalb im Hinblick auf die weiteren Abstimmungen ein geschickter Schachzug. Je nach Ausgestaltung kommt sie im Endeffekt einer Wahlfreiheit der Eltern gleich. Das Ziel einer einheitlichen Frühförderung ist trotzdem kaum gefährdet, da erfahrungsgemäss nur wenige Eltern Ausnahmeregelungen nutzen.
Allerdings haben die Harmos-Befürworter die Schlacht nicht gewonnen. Nur schon das Erreichen des Quorums von 18 Kantonen, das den Bund dazu legitimieren würde, Harmos in allen Kantonen für gültig zu erklären, ist unsicher. Die Diskussion in den Kantonen zeigt nämlich, dass sich die Vorbehalte nicht nur gegen das frühe Eintrittsalter, sondern grundsätzlich gegen mehr staatliche Bevormundung richten. Deshalb sollte sich die EDK in einem möglichen zweiten Anlauf darauf beschränken, die Kantone darauf zu verpflichten, einen zweijährigen Kindergarten anzubieten – und den Eltern von Beginn weg die freie Wahl zu lassen. Die Gegner des Konkordats wären damit eines wichtigen Arguments beraubt. Und das Ziel einer besseren Frühförderung wäre auch so zu erreichen: In Kantonen mit entsprechendem Angebot schickt schon heute die grosse Mehrheit der Eltern ihre Kinder zwei Jahre in den Kindergarten.
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