Kommentar: Cisalpino ist gescheitert
Der neue Neigezug, den die Cisalpino AG heute offiziell vorstellt, bewältigt komplexe Anforderungen: Er muss schnell durch enge Kurven fahren, die unterschiedlichen Stromsysteme der Schweiz und Italiens bewältigen und mit 250 Stundenkilometern über das italienische Hochgeschwindigkeitsnetz flitzen. Inzwischen muss man nüchtern feststellen: Für eine Gesellschaft wie die Cisalpino AG ist dieses Projekt zu komplex. Seit fast zwei Jahren sollten 14 dieser neuen Züge unterwegs sein. Nun fahren endlich die ersten zwei auf der Strecke Genf–Mailand, aber auf der Gotthardlinie werden sie vermutlich gar nie zum Einsatz kommen. Für viele Bahnkunden geht der Ärger also weiter. Statt in modernen und zuverlässigen Zügen zu reisen, müssen sie weiter mit pannenanfälligen Neigezügen und mit unvorhergesehenen Umsteigehalten vorlieb nehmen.Für einen Teil dieser Probleme muss die Cisalpino die Verantwortung übernehmen. Sie hat den Betrieb der bisherigen Neigezüge nie in den Griff bekommen. Und sie hat zu früh hohe Erwartungen an die neuen Züge geweckt. Aber sie ist auch das Opfer einer unmöglichen Konstruktion. Cisalpino kann nicht besser sein, als es die gleichberechtigten Muttergesellschaften SBB und Trenitalia zulassen. Solange die beiden Bahnen national denken, können solche internationalen Kooperationen nicht funktionieren. In Italien hat Cisalpino sowieso nur geringe Priorität. Aber auch den SBB ist der eigene Fahrplan wichtiger als der internationale Verkehr.Zur mangelnden Kooperationsbereitschaft kommen die unterschiedlichen Betriebskulturen. Bereits beim Güterverkehr hat sich gezeigt, dass geteilte Verantwortung zwischen SBB und Trenitalia nicht funktionieren kann. Wollen die SBB internationale Verbindungen aus einem Guss und nach ihren Qualitätsvorstellungen anbieten, gibt es nur eine Lösung: Sie müssen in Eigenregie nach Italien fahren, sobald es die Öffnung des Schienenverkehrs zulässt. Selbstverständlich wird ihnen Trenitalia alle möglichen Steine in den Weg legen. Aber schlimmer als heute kann es nicht werden.
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