Drogenbaron in Basel verurteiltKnapp elf Jahre Gefängnis und zwölf Jahre Landesverweis
Angeklagt war ein 47-Jähriger wegen internationalen Handels mit Kokain im Tonnenbereich. Doch abschliessend nachweisen konnte ihm das niemand. Verurteilt wurde er aus anderen Gründen.

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft las sich filmreif. Ein 47-Jähriger soll allein während neun Monaten des Jahres 2020 mindestens neun Tonnen Kokain weltweit verschoben haben. Als zentraler Beweis dafür legte die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Chatprotokolle vor.
Diese stammten aus dem vermeintlich absolut sicheren verschlüsselten Messengerdienst Sky ECC, der auch von vielen kolumbianischen Drogenkriminellen verwendet wurde. In den Chats wurden internationale Kokainlieferungen besprochen, und der Beschuldigte soll einer der Drahtzieher gewesen sein. Doch das war dem Gericht nicht Beweis genug, wie am Freitagvormittag bei der Urteilsbekanntgabe klar wurde.
Die Anwälte des 47-jährigen kolumbianisch-spanischen Doppelbürgers hatten während des Prozesses die Authentizität der Chats angezweifelt. Man wisse nicht, unter welchen Umständen und auf welcher rechtlichen Grundlage die Chatdaten von den internationalen Ermittlungsbehörden erlangt worden seien. Die Daten seien auch nicht ausreichend transparent, um sie als Beweis verwenden zu können.
Es blieben Zweifel
Diese Einschätzung teilte die Fünferkammer des Strafgerichts nicht. Würde man grundsätzlich alle Daten, die im Rahmen von internationalen Rechtshilfegesuchen an die Schweiz weitergegeben würden, anzweifeln, könne man diese Form der Ermittlungen auch gleich sein lassen. Bei den Behörden, die für den Datenhack verantwortlich seien, handle es sich um Angehörige europäischer Rechtsstaaten, denen man das entsprechende Vertrauen entgegenbringen müsse.
Das Gericht glaubte dem Beschuldigten seine Erklärungen nicht, gemäss denen es in zahlreichen Chats um den Aufbau einer eigenen Früchtehandelsfirma ging, die nichts mit Kokain zu tun hatte. Er habe sich während der Ermittlungen in zahlreiche Widersprüche verwickelt. Aber im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft war das Gericht nicht der Meinung, dass man die Chats zweifelsfrei dem Beschuldigten zuordnen könne.
Entsprechend beurteilte es nicht das Kokain im Tonnenbereich, sondern kam zum Schluss, dass dem Beschuldigten der Handel mit mindestens 4,5 Kilogramm Kokaingemisch nachgewiesen werden könne. Und das nicht weltweit, sondern in der Region Basel beziehungsweise auch darüber hinaus.
Er erteilte Befehle an die Dealer
Es sei aber klar, dass es sich beim Beschuldigten lokal um eine grössere Figur des Basler Kokainhandels handle, hielt die vorsitzende Richterin Sarah Cruz Wenger fest. Er habe von niemandem Befehle erhalten, sondern im Gegenteil Aufträge an Untergebene verteilt.
Das Gericht verurteilte den 47-Jährigen wegen des Handels mit mindestens 4,5 Kilogramm Kokaingemisch, was als qualifiziertes Drogenverbrechen zu werten sei. Er habe ausserdem 231’000 Franken und 13’000 Euro – Geld, das zweifelsfrei aus Drogengeschäften stammte – nach Kolumbien und Spanien überwiesen. Das sei als mehrfache qualifizierte Geldwäscherei zu beurteilen.
Teures Verfahren
Die Gesamtstrafe legte das Gericht auf zehn Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe fest. Die Staatsanwaltschaft hatte 17 Jahre und drei Monate gefordert. Auch die Dauer der Landesverweisung fiel niedriger aus als die 15 Jahre, die die Staatsanwaltschaft beantragt hatte: Es sind 12 Jahre.
Ausserdem muss der Mann die Verfahrens- und Urteilskosten von knapp 100’000 Franken bezahlen sowie eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Franken. Für seinen eigenen Kokainkonsum wird eine Busse von 300 Franken fällig.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In einem ersten Statement direkt nach dem Urteil liess das Verteidiger-Duo durchblicken, dass man das Urteil wahrscheinlich weiterziehen werde. Dann müsste das Basler Appellationsgericht den Fall neu beurteilen.
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