Das türkische Verfassungsreferendum spaltet die türkisch-kurdische Diaspora in der Schweiz. Leider wird in der hitzig geführten Diskussion vergessen, dass es längst nicht allein um Präsident Recep Tayyip Erdogan geht, sondern um komplexe Konflikte. Türkische Soldaten kämpfen in Syrien gegen die Terrormiliz Islamischer Staat und zugleich gegen kurdische Autonomiebestrebungen. Im mehrheitlich kurdischen Südosten der Türkei haben die Sicherheitskräfte ganze Stadtviertel dem Erdboden gleichgemacht. Hitzköpfe der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) antworteten mit Bombenattentaten. Gegen diese Gewaltspirale vermag die Schweiz wenig auszurichten, aber sie kann verhindern, dass fremde Händel hier ausgetragen werden.
Erdogan-Befürworter und -Gegner müssen sich in der Schweiz frei äussern können. Doch es gibt kein Recht für ausländische Politiker, hier Wahlkampf zu machen. Die Schweiz darf nicht akzeptieren, dass Türkischstämmige – viele mit Schweizer Pass – von Amateurspitzeln und Spionen ausgehorcht und bei den türkischen Behörden denunziert werden. Denn hier gelten die Gesetze der Schweiz und nicht jene der Türkei. Und nach unserem Recht ist die PKK keine verbotene Organisation.
Genauso wenig sollten Hitzköpfe die Anhänger der Gülen-Bewegung pauschal als Terroristen verunglimpfen. Selbstverständlich hat die Türkei das Recht, mit den Mitteln des Rechtsstaats gegen die Hintermänner des Putschversuchs vom Juli vorzugehen. Das aber ist nicht Aufgabe eines Mobs aus Hobbydetektiven, Islamisten und Erdogan-Bewunderern.
Kann es tatsächlich erstaunen, dass der türkische Geheimdienst (MIT) Menschen in der Schweiz ausspioniert? Nicht wirklich. Auch der iranische Geheimdienst versucht seit langem, die hiesige Kurden-Diaspora mit Spionen zu unterwandern. An einem zu harten Vorgehen gegen den MIT hat Bern aber wohl kaum ein Interesse, denn dadurch würde die ungleich wichtigere Zusammenarbeit im Bereich Jihadismus gefährdet. Wo es klare Indizien gibt, sollten die Verantwortlichen wegen verbotenen Nachrichtendiensts belangt werden. Zugleich sind Gewaltdrohungen via soziale Medien scharf zu ahnden. Und dann sollte sich die Schweiz an ihre Tradition der Guten Dienste erinnern. Warum hat Bern so wenig unternommen, um die Streithähne am Bosporus wieder an den Verhandlungstisch zu bringen? Als einziges Land Westeuropas, in dem die PKK nicht verboten ist, wäre sie dafür doch geradezu prädestiniert.
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Keine Macht den Hitzköpfen
Die Schweiz sollte sich darum bemühen, die Streithähne am Bosporus an einen Tisch zu bringen.