Der PollerKalter Krieg in der Badewanne
Wie die Gesangskünste von Primadonna Feuz die Nachbarschaft erfreuen.

Frau Feuz (sitzt in der Badewanne und singt mit Verve): Ich möchte ein Fischlein sein / das wär’ wunderbar / dann müsste ich nicht mehr schrei’n / alles wär so klar / Fischlein müssen nie …
Nachbar (durchs Loch in der Küchendecke): …FEUZ!! HUNDERTTAUSEND HEULENDE HÖLLENHUNDE, hör auf der Stelle auf mit diesem Gekrächze, das klingt, als ob man einen Papagei steinigen würde!
FF: Pah, keinen Sinn für die hohe Kunst, der olle Herr Nachbar. Noch nie von Bianca Castafeuze, der milanesischen Nachtigall, gehört, wie?
NB: «Milanesische Nachtigall», ähä. Eine Nachtigall nach einem siebenfachen Luftröhrenschnitt vielleicht.
FF: Herrje. Welche Flunder ist denn dir über die Leber geschwommen?
NB: Seit Tagen sitzt du nur in der Badewanne, tust das, was du singen nennst, und raubst mir damit den letzten Nerv. (Ein blubberndes Geräusch ertönt.) Was war das denn?
FF: Ich spiele Kalter Krieg.
NB: ???
FF: So wie Schweden und Russland damals.
NB: Jetzt mal Butter bei die Fische, Feuz. Wovon redest du?
FF: Der schwedischen Navy fielen Anfang der 1980er-Jahre seltsame Geräusche auf, die aus der Tiefe des Meeres heraufdrangen. Die Schweden vermuteten, dass die Russen extrem schnelle und wendige U-Boote entwickelt hatten. Sage und schreibe 14 Jahre lang versuchten die Schweden, ein solch russisches U-Boot aufzuspüren, doch: vergebens. 1994 platzte Prime Minister Carl Bildt der Kragen, und er schickte dem russischen Präsidenten einen geharnischten Brief. Boris Jelzin dürfte beim Lesen für einmal kurz die Wodkaflasche zur Seite gestellt haben, um sich mit einer Flosse ratlos am Kopf zu kratzen, denn von russischen U-Booten in schwedischen Gewässern wusste auch er nichts. Da war jemand ganz anderes am Werk.
NB: Wer denn?
FF: Heringe.
NB: Fische? Seit wann machen Fische Geräusche? Jetzt verarsch mich hier mal nicht.
FF: Mit «Arsch» triffst du den Nagel ziemlich genau auf den Fischkopf. Denn: Wie reden Heringe, he?
NB: Keine Ahnung. Singen sie? So schlecht wie du?
FF: Pfui Nachbar. Du schreibst jetzt 100 Mal «Meine Nachbarin ist eine Feuzadonna, und Heringe sind keine Wale, sondern kommunizieren via Pups-Alphabet».
NB: Was-Alphabet?
FF: Pups-Alphabet. Heringe kommunizieren mit Luftbläschen, die sie aus ihrem Allerwertesten rausdrücken. Dabei sind sie wahre Flatulenz-Virtuosen. Von salvenmässigem Intervallpupsen bis zu achtsekündigem Darmwinden haben die alles drauf und decken dabei ein Tonspektrum von mehr als drei Oktaven ab. Stell dir jetzt mal einen richtig grossen Heringsschwarm vor. Da pflügen mehrere Hundert Gesellen zusammen durchs Meer, die sich ordentlich was zu erzählen haben. Das lärmt dann auch entsprechend.
NB: Das heisst, dass Schweden Russland fast den Krieg erklärt hätte wegen pupsender Fische?
FF: Genau das heisst es. (Ein blubberndes Geräusch ertönt)
NB: Feuz, hast du etwa gerade in die Badewanne gepupst?!
FF: Würd’ ich nie tun. War ein russisches U-Boot.
NB: HAGEL UND GRANATEN, FEUZ, DU HÖLLENBRATSCHE! DIR ZIEH ICH GLEICH DIE KIEMEN LANG!
FF: Ach komm schon Nachbar. Aufhören mit der Haddockerei und Schwimmblase flach halten. Wir sind doch beides tolle Hechte, da muss man jetzt nicht einen auf weissen Hai machen oder gleich Dynamit in den Tümpel schmeissen, oder? Lass uns die Angelrute begraben und wieder Freunde sein. «Rute» chchch.
NB: chchch.
FF: Na also. Soll ich vielleicht noch ein kleines Versöhnungsliedchen auf unsere wiedergewonnene Freundschaft anstimmen?
NB: Moment. Erst geh ich Dynamit kaufen.
Frau Feuz ist freie Kulturjournalistin und schwimmt nicht im gleichen Biotop wie der Chef, der aus einem anderen Laich stammt. Der Nachbar hat im Übrigen versprochen, seinen Tim-und-Struppi-Konsum zu überdenken.
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