Magazine werden eingestelltKahlschlag bei Traditionsverlag: Geo-Chefredaktion tritt geschlossen zurück
Gruner + Jahr streicht hunderte Stellen, Magazine wie Brigitte Woman oder Geo Wissen werden eingestellt, andere verkauft. Die Massenentlassung führt zu Protesten.

Beim Hamburger Traditionsverlag Gruner + Jahr fallen 700 Stellen weg. Die Muttergesellschaft RTL Deutschland, die wiederum zum Bertelsmann-Konzern gehört, erklärte, sie wolle sich künftig mehr auf die «Kernmarken» ihres Verlagsgeschäfts fokussieren. «Alle weiteren Titel und Ableger werden verkauft oder eingestellt.»
Bis 2025 sollen die Kosten in allen Bereichen um 70 Millionen Euro gesenkt werden. Gespart werden soll etwa bei der IT, bei Räumlichkeiten, beim Verlag und in den Redaktionen. «Im Zuge der Neuaufstellung werden die Kosten in allen Bereichen gesenkt», erklärte RTL. «Dabei werden rund 500 Stellen am Standort Hamburg abgebaut». 200 weitere Stellen gehen demnach durch Verkauf auf neue Eigner über.
Gruner + Jahr stand seit Jahrzehnten für grosse Marken aus fast allen publizistischen Bereichen: von Politik über Lifestyle bis hin zu Natur und Wissenschaft, für Magazine wie Stern, Brigitte, Capital, Gala, 11 Freunde, Geo, Art, Schöner Wohnen und viele mehr. Zumindest bislang.

Der Mutterkonzern Bertelsmann hatte den Zeitschriftenverlag vor einem Jahr mit dem Privatsender RTL fusioniert. Seitdem verschwand erst der Name Gruner + Jahr vom Klingelschild, spätestens gegen Jahresende 2022 zeichnete sich immer stärker ab, dass die neuen Chefs nur noch wenig Hoffnungen ins Printgeschäft setzen.
Mehrere Zeitschriften werden eingestellt oder verkauft
Nur Zeitschriften, die zu RTL passen, dürfen bleiben, hiess es von Bertelsmann-CEO Thomas Rabe. Diese würden «aufgrund der grossen Synergien mit den RTL-TV-Redaktionen» künftig der Tochterfirma RTL News zugeordnet und zudem «massiv ausgebaut».
Verbleiben werden zwar die grossen Marken Stern, Geo, Capital, Stern Crime, Brigitte, Gala, Schöner Wohnen, Häuser, Couch, Geolino, Geolino mini sowie die digitalen Bereiche von Eltern und Chefkoch. Der Stern galt ohnehin als gesetzt. Laut Rabe machen sie «etwa 70 Prozent des Publishing-Umsatzes» aus.
Eingestellt werden nun aber sämtliche «Line-Extensions», also die zusätzlichen Hefte, die unter den Namen Brigitte oder Geo herausgegeben werden. Dazu gehören etwa Brigitte Woman, Brigitte Mom, Brigitte Be Green, Brigitte Wir, Geo Epoche, Geo Wissen und Geo Saison. Auch Eltern, Eltern Family, die Print-Ausgabe von Chefkoch sowie der Stern-Ableger View. Auch die Personality-Magazine Guido (das Heft um den Designer Guido Maria Kretschmer) und das Schöneberger-Magazin Barbara werden eingestellt.
Verkauft werden sollen: Business Punk, Art, P.M., Salon und Beef sowie die Beteiligungen des Unternehmens am Fussballmagazin 11 Freunde und an der Deutschen Medien-Manufaktur. Zu Letzterer gehören Titel wie Landlust, Essen & Trinken, Living at Home und viele mehr.

«Wir haben entschieden, uns auf die Kernmarken zu konzentrieren und sie mit Investitionen von etwa 80 Millionen Euro bis 2025 weiterzuentwickeln», erklärte Bertelsmann-Geschäftsführer Thomas Rabe. Das Geld entfalle «insbesondere auf digitale Bezahlinhalte sowie digitale Dienstleistungen», vor allem beim «Stern» (30 Millionen Euro). Weitere 30 Millionen Euro verteilen sich auf die übrigen Kernmarken.
Die restlichen 20 Millionen Euro seien für «neue Räumlichkeiten» vorgesehen. Die «Corporate-Funktionen», also Teile des Unternehmens, die für den TV-Sender und für das Printgeschäft gleichermassen tätig sind, sollen nach Köln umziehen. In Hamburg soll der Verlag bis Ende 2024 in billigere Räume umziehen und das Gebäude Am Baumwall, nahe der Elbphilharmonie, verlassen.
Geo-Chefredaktion tritt geschlossen zurück
Die Gewerkschaft Verdi kritisierte die Ankündigung als «Zerschlagung» von Gruner + Jahr. Der Bertelsmann-Konzern sei unfähig, «ein profitables und europaweit beachtetes Zeitschriftenhaus in die digitale Transformation zu führen». Darunter leide nun vor allem die Belegschaft. «Wegen der verbreiteten Teilzeit im Verlag» sei von deutlich mehr von Kündigungen betroffenen Menschen auszugehen.
«Verdi wird sich mit den Beschäftigten gegen diese Entwicklung wehren und regt an, in Hamburg nach Alternativen für dieses vom Bertelsmann-Konzern angerichtete Desaster zu suchen», erklärte die Gewerkschaft.

Die Chefredaktion des Magazins Geo ist am Dienstag nach den massiven Einsparungen bei Gruner + Jahr geschlossen zurückgetreten. Das berichtete zunächst die Zeit unter Berufung auf Jens Schröder, einen der Chefs bei Geo. Demnach sei die Chefredaktion am Dienstag geschlossen abgetreten. Die Entscheidung sei allerdings schon vor dem Tag einvernehmlich getroffen worden. Neben Jens Schröder leitete Markus Wolff das Magazin seit 2020. Die Verantwortung für Geo soll nun Stern-Chef Gregor Peter Schmitz übernehmen, der in die Chefredaktion von RTL News wechselt, und auch das Wirtschaftsmagazin Capital verantwortet.
Zu den Magazinen, die eingestellt werden, gehören Ableger der Marke Geo wie Geo Epoche, Geo Wissen und Geo Saison.
AFP/Anna Ernst/anf
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