Der PollerIsaac Newton vs. Chuck Norris
Frau Feuz in der Zwickmühle: Gravitationslehre oder doch lieber Zwiebeln zum Weinen bringen?

Nachbar (durchs Loch in der Küchendecke): Feuz, es ist so still bei dir unten. Was treibst du?
Frau Feuz: Ich denke nach.
NB: Ui. Dabei ist ja noch selten was Schlaues rausgekommen.
FF: Ach Nachbar. Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Kann ich sein wollen und was ist die beste Ich-Version? An wem soll ich mich orientieren?
NB: Herrje Feuz. Liegen die drei Kilo Schokoladenosterhase auf? Also wenn du unbedingt ein Vorbild brauchst, wie wärs mit Isaac Newton, einem der bedeutendsten Wissenschaftler aller Zeiten? Er beschrieb unter anderem Gravitations- und Bewegungsgesetz und legte den Grundstein für klassische Mechanik. Ausserdem erklärte er, wie Licht und Regenbogen funktionieren. Diverse seiner Erkenntnisse hatte er übrigens innerhalb eines Sommers, als er wegen Pest-Alarm nicht an der Uni sein konnte, sondern zu Hause auf dem Gut seiner Mama festsass.
FF: Innerhalb eines Sommers?! Das lässt mich jetzt nicht exakt besser fühlen. Wir zwei sitzen seit einem Jahr zu Hause und haben was genau zustande gebracht? Herausgefunden, dass sich Schnapsladen, Kühlschrank und Altglassammlung mit einem gleichschenkligen Dreieck verbinden lassen. Die direkte Gerade vom Sofa ins Bett inklusive Fallhöhe berechnet. Irgendwelches Zeug im Internet bestellt, wobei man dabei im Kleingedruckten wahrscheinlich Mark Zuckerberg das erstgeborene Kind versprach. Wir haben gelernt, was einen reinmeghanmarkeln heisst und arbeiten mit exponentiell steigendem Body-Frass-Index auf eine Teilnahme bei «Mein Leben mit 300 Kilo» hin. Alles nicht exakt berauschend, oder? Ich glaub, ich orientiere mich lieber an Chuck Norris.
NB: Der amerikanische Schauspieler, der seit den 1970er-Jahren in unsäglich schlechten Actionfilmen mitspielt?
FF: Ey, pass auf, was du sagst. Chuck Norris ist der Mann, der Geisterfahrer auf der Autobahn überholt, nicht Kaugummi, sondern Alufolie kaut, Tabasco als Augentropfen benützt, Zwiebeln zum Weinen bringt und beim Einparken geblitzt wurde. Er kann per E-Mail Briefbomben verschicken, Moonwalk mit einem Bein, im ersten Gang rückwärts fahren, hat das ganze Internet durchgelesen, das Tote Meer erschossen und trägt Cowboystiefel aus echten Cowboys. Chuck Norris wurde letzten Monat 80 Jahre alt. Dabei ist er eigentlich schon vor 10 Jahren gestorben, der Tod hatte aber nicht den Mut, es ihm zu sagen.
NB: Aha.
FF: Die Bullfeuzer. Feuzwalze. Die Feuzkralle schlägt wieder zu. Das klingt doch tiefschürfend, sinnstiftend und nach erfülltem Leben, nicht?!
NB: Nun ja.
FF: Ach Nachbar. Überlegst du denn nie, was erstrebenswert ist und wie wir sein sollten?
NB: Also wenn du ernsthaft ein Vorbild suchst in deiner philosophischen Sinnkrise, was spricht denn gegen Newton? Ein Universalgenie sondergleichen. Der englische Dichter Alexander Pope schlug sogar vor, dass man auf Newtons Grabstein eingravieren solle: «Gott sprach: ‹es werde Newton!› Und das All ward lichterfüllt».
FF: Moooooment. Da liegt ein Überlieferungsfehler vor. Da bin ich mir jetzt sehr sicher, schliesslich bin ich bibelfest. Wenn schon, hätte man schreiben müssen: «Gott sprach: ‹Es werde Newton!› Chuck Norris antwortete: ‹sag BITTE›».
Frau Feuz ist freie Kulturjournalistin und hat über Ostern sehr viel TV geschaut. Chuck Norris erlangte Berühmtheit mit Filmen wie «Feuerwalze», «Bulldozer» oder «Die Todeskralle schlägt wieder zu». Seitdem zirkulieren Witze über seine unbändige Macht und Kraft. Ob der Chef auch Chuck-Norris-Filme schaut, ist nicht bekannt, weil anderer Haushalt.
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