Eine Woche ohne SmartphoneIn den ersten Tagen kommen die Entzugserscheinungen
Sehnsucht nach dem Gerät, digitale Phantomschmerzen, Dopamindefizit: wie unsere vier Probanden die frühe Trennungsphase von ihrem Handy erleben.
Für eine Woche verzichten Elisa Malinverni, Lukas Wandeler, Lala Egloff und Mina Fuchs auf ihr Smartphone. Sie haben Zugriff auf ein «Dumbphone», von dem aus sie einzig SMS verschicken und Anrufe tätigen können.
Die ersten Tage ohne Handy fühlen sich ungewohnt an für alle vier. Sie berichten von der Sehnsucht nach dem Handy, dem Impuls, danach zu greifen. Doch sie erleben auch, dass es den Stress reduziert und sie mehr Energie verspüren. Wie es ihnen bisher ergangen ist.
Elisa Malinverni: «Weniger gehetzt»

«Nach drei Tagen ohne Handy verspüre ich eine leichte Euphorie. Der Impuls, zum Handy zu greifen, hat sich sehr schnell gelegt. Ich bin weniger gehetzt, das hat schon am Samstagmorgen begonnen. Dann putze ich jeweils Küche und Bad. Ich liess mir mehr Zeit, wohl auch, weil die lockende Belohnung in Form von Handynutzung wegfiel. Gestern spürte ich aber auch so etwas wie Entzugserscheinungen. Ich fühlte mich antriebslos, vielleicht liegt es am fehlenden Dopamin, das durch die Handynutzung sonst regelmässig ausgestossen wird.
Ich habe noch nichts verpasst. So aufregend ist mein Leben nun auch wieder nicht. (lacht) Man muss wohl etwas weiter vorausplanen ohne Handy. Dinge wie E-Banking sind jetzt unmöglich, aber das kann ich auch nächste Woche wieder machen.»
Lukas Wandeler: «Ein Anruf ist deutlich verbindlicher geworden»

«Die Podcasts fehlen mir. Ich fühle mich teilweise auch losgeschnitten von Freunden, weil man per Telefon oder SMS viel weniger miteinander kommuniziert als per Whatsapp. Gleichzeitig fällt mir auf, dass ein Anruf deutlich verbindlicher ist. Wenn ich etwa mit jemandem telefoniere, um ein Treffen abzumachen, erhalte ich keine unverbindlichen Zusagen oder kurzfristige Absagen per Whatsapp mehr. Das gefällt mir.»
«In der Zeit, die ich mehr habe, bin ich bisher nicht wahnsinnig kreativ. Ich fühle mich auch nicht ruhiger, verspüre keine grosse neue Freiheit. Das habe ich auch nicht erwartet – ich war im Vorfeld nicht gestresst vom Handy. Aber die Sehnsucht nach dem Gerät ist deutlich – ich bin wohl doch ziemlich abhängig davon.»
Lala Egloff: «Ich vermisse Instagram nicht»

Sie verbracht regelmässig mindestens eine Stunde täglich auf Instagram. Nach ein paar Tagen ohne ihr Smartphone sagt sie:
«Lustigerweise vermisse ich Instagram gar nicht. Das möchte ich gern mitnehmen. Ich überlege mir, ob ich die App überhaupt wieder installieren möchte nach meiner Woche Entzug. Ich habe das Gefühl, dass ich keine Informationen verpasse, wenn ich nicht auf Instagram bin.»
«Ich dachte, ich würde ein Buch lesen, um die Zeit am Handy zu ersetzen. Doch vielmehr verspürte ich Lust, aktiv zu sein, draussen laufen zu gehen. Leute zu treffen, ist für mich schwierig geworden. Mit meinen Kolleginnen schreibe ich normalerweise auf Whatsapp, um spontan ein Treffen zu organisieren. Bisher riefen sie mich kaum an, zudem bin ich auch eine Person, die selten auf Anrufe antwortet, das wissen sie.»
Mina Fuchs: «Ich schreibe jetzt mehr Tagebuch»

«Am Anfang ist es sehr ungewohnt, ohne Handy zu sein. Ich ertappe mich dabei, wie ich suchend in mein Zimmer gehe, umherlaufe und mich frage, was ich genau mache. Vor allem, wenn ich nach Hause komme und müde bin, spüre ich den Wunsch nach dem Smartphone. Manchmal habe ich in den letzten Tagen aus einem automatischen Impuls zum Dumbphone (ein Telefon, mit dem nur SMS und Anrufe getätigt werden können, Anm. d. Redaktion) gegriffen und erst danach gemerkt, dass man damit ja nur telefonieren und SMS schreiben kann. Stattdessen schreibe ich jetzt mehr, unter anderem in mein Tagebuch.»
«Als handyfreier Mensch fällt mir zudem der Konsum anderer auf. Erst, wenn man selber keins hat, merkt man, wie oft die Klassenkameradinnen und -kameraden an ihrem Smartphone sind.»
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