Im Schatten aller lauert Tottenham
Die Spurs fordern Überraschungsteam Ajax Amsterdam im Halbfinal. Doch auch sie sind Aussenseiter – vor allem ohne ihre besten Skorer.
So ganz normal sind diese Champions-League-Halbfinals ja nicht. Natürlich, da ist der FC Barcelona und da ist der FC Liverpool. Die Spanier sind Stammgast und gehören stets zu den Titelfavoriten, die Engländer sind auf bestem Weg dazu, ebenfalls in dieser Klasse anzukommen. Schlagen sie Barça, stehen sie zum zweiten Mal in Folge im Final.
Neben den beiden Giganten spielen zwei Teams um den Titel, die vor der Saison nicht zu den ersten Anwärtern darauf gehörten: Ajax Amsterdam und die Tottenham Hotspurs. Dass die Londoner dabei sind, wird zur Kenntnis genommen. Mehr nicht. Denn es ist Ajax, das Fussball-Europa fasziniert und entzückt, mit seiner jungen Truppe, mit seiner Art, zu gewinnen. Alles wie früher, Fussball in Reinkultur. Die Holländer haben Real Madrid und Juventus Turin geschlagen. Der neutrale Betrachter wünscht sich nichts mehr als den Titel für das Team von Trainer Erik ten Hag, dem Fussball zuliebe.
Dortmund und City geschlagen – teils spektakulär
Die Spurs kommen da etwas zu kurz. Auch weil sie sonst nicht sehr aufsehenerregend sind. Die Londoner arbeiten im Stillen. Während der Transferfenster der europäischen Ligen beschäftigen sie sich mit sich. Keine Unsummen für neues Personal wie die Konkurrenz, keine Trainerentlassungen, keine Spieler, die für Skandale oder Eklats sorgen, auf die sich dann der Boulevard stürzen könnte. Man ist fast geneigt zu sagen: Tottenham ist langweilig. Profis durch und durch, keine Ecken, keine Kanten.
Und doch sind sie da, die Männer in Weiss. Sie sind im Champions-League-Halbfinal. Die Gegner, die Tottenham aus dem Weg räumen musste, sind auch prominent: Borussia Dortmund im Achtel-, und Manchester City im Viertelfinal. Mit Spektakel, wenn es denn sein musste: beim 3:0 im Hinspiel gegen Lucien Favres Dortmund, beim 3:4 im Rückspiel gegen Pep Guardiolas Manchester. Ajax aber hat Tottenham die Show gestohlen.
Doch man kann sich durchaus fragen, ob ein Team, das die vergangenen drei Premier-League-Saisons in den Top 3 abschloss und das wohl auch heuer tun wird, wirklich ein krasser Aussenseiter ist. Eigentlich nicht. Doch die Schere zwischen den Top-Teams und den besten vom Rest ist in den letzten Jahren so weit aufgegangen, dass die Spurs ein neuer Name im Halbfinal sind. So weit kamen sie noch nie in der Champions League, meist hatten sie mit dieser nicht mal etwas zu tun.
Pochettino gehen die Alternativen aus
Der Aufschwung der Spurs begann mit dem Aufschwung des Harry Kane. Er ist der Mann, der das Tottenham-Universum seit 2014 am Laufen hält. In 181 Premier-League-Spielen hat der 25-Jährige 125 Tore erzielt. Jetzt ist er verletzt, in der wichtigsten Phase der Saison. In der Phase, die die vergangenen Monate in gut und schlecht einordnet, dann, wenn es um die Pokale geht.
Als Kane zusehen musste, sprang Son Heung-min in die Bresche. Der Südkoreaner, der mit 16 zu den Junioren des Hamburger SV gestossen war, traf in den zwei Spielen gegen City dreimal. Zweimal davon im Rückspiel, bei diesem 3:4 in Manchester. Es war ein Spiel, das so spektakulär war, dass manch einer vergass: Auch Son fehlt gegen Ajax. Eine Gelbe Karte zu viel, Son ist gesperrt.
Kane und Son haben in dieser Saison zusammen mehr als die Hälfte aller Champions-League-Tore der Spurs erzielt. Trainer Mauricio Pochettino wird ganz vorne wohl auf den Brasilianer Lucas Moura setzen müssen, den Brasilianer, der mit dem Ball viele verrückte Dinge anstellen kann und offensiv fast alles ist – ausser Mittelstürmer.
Pochettino und Tottenham haben in der Champions League zwei der offensiv stärksten Teams des Kontinents ausgeschaltet. Geglänzt haben sie jeweils in den Hinspielen zu Hause. Mit Ajax kommt nun eine weitere Mannschaft nach London, die genauso schwungvoll und aktiv mitspielen wird. Und die, anders als die Spurs, vor allem in den Rückspielen auftrumpfte. Nur fanden diese gegen Real und Juventus auswärts statt. Wie wichtig den Holländern die Halbfinal-Teilnahme von Ajax ist, zeigt der Umstand, dass der gesamte Meisterschaftsbetrieb in der Eredivisie gleich zwei Wochen pausiert.
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