Im Lauf der Unerbittlichkeit
Kleists Novelle «Das Erdbeben von Chili» formuliert die richtigen Fragen. Ulrich Rasches Stadttheaterinszenierung verzichtet auf Antworten. Zum Glück.

Ein Lynchmord, eine rachsüchtige Kirche, eine Naturkatastrophe und eine verbotene Liebesgeschichte: Ganze 20 Seiten brauchte Heinrich von Kleist (1777–1811), um aus diesen Themen, die Stoff für einen dicken Roman hergäben, eine verstörende Novelle zu komponieren. Eine ganze Reihe zentraler Fragen zur menschlichen Existenz wirft diese auf, kann sie aber nicht beantworten. Vier Jahre vor seinem frühen Tod durch die eigene Hand schrieb Kleist «Das Erdbeben in Chili» – auch nachher hat er keine Antworten gefunden, die ihm, dem Getriebenen, ein Überleben ermöglicht hätten.