Geldblog: Genervte AnlegerMeine Bank mischt sich dauernd ein!
Das Finanzdienstleistungsgesetz sieht eine Klassifizierung der Kunden vor. Je nach Kategorie unterscheiden sich der Anlegerschutz und die Informationspflicht. Eine Übersicht.

Meine Bank rät mir zu Aktien, weil ich damit grundsätzlich besser fahre und dies auch dem Anlageprofil entsprechen würde. Dabei habe ich kein Anlageprofil verlangt und von Anfang an gesagt, dass ich das meiste selbst machen wolle. Ich stelle fest, wie unglaublich aufmerksam ich sein muss – sonst lasse ich mir etwas unterjubeln. Die zweite Begründung war: Bei Obligationen könne ich nicht einfach so eine Zusammenstellung wählen. Leserfrage von K.B.
In Ihrem Fall gibt es offenbar ein Kommunikationsproblem zwischen Ihnen und Ihrer Bank. Sie haben den Wunsch, Ihr Geld möglichst selbst ohne grosse Beratung anzulegen. Das ist möglich, aber die Bank hat gesetzliche Auflagen, die sie erfüllen muss. Seit dem 1. Januar 2020 ist das Schweizer Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) in Kraft. Dieses hat die gute Absicht, Anleger stärker zu schützen. Daher sind die Banken verpflichtet, vor der Ausübung eines Vermögensverwaltungs- oder Beratungsmandates ein Risiko- und Anlegerprofil mit Ihnen zu erstellen. Das kann mit einer Eignungsprüfung verglichen werden wie dies einige Banken nennen.
Dabei ermittelt die Bank, ob ein Kunde über das erforderliche Wissen und die Erfahrung verfügt, um die angebotenen Anlagedienstleistungen oder die Art eines Finanzinstruments und die damit verbundenen Risiken ausreichend zu verstehen, und ob er oder sie die entsprechenden finanziellen Risiken und die damit allenfalls verbundenen Verluste tragen kann. Für die Bank ist es daher wichtig zu wissen, ob Sie neben dem Geld, das Sie bei ihr anlegen möchten, noch weitere substanzielle Vermögenswerte besitzen und wie sich Ihre Familien- und Lebenssituation präsentiert. Wenn jemand neben dem Anlagekapital etwa noch ein Haus besitzt oder vielleicht eine eigene Firma hat, ist dies eine andere Situation, als wenn der Anlagebetrag das gesamte Ersparte darstellt. Je nach Anlageziel und Anlagehorizont leitet sich eine andere Anlagestrategie ab.
Privatpersonen werden ohne andere Informationen üblicherweise als Privatkunden eingeteilt und geniessen gesetzlich den höchsten Anlegerschutz.
Wenn Sie Ihr Geld selbst verwalten, könnte dies der Bank eigentlich egal sein. Sie hat aber über das Finanzdienstleistungsgesetz dennoch Auflagen bezüglich des Anlegerschutzes. Als Kunde hat man mehrere Möglichkeiten. Man kann sich etwa für einen Execution-Only-Vertrag entscheiden. Hier trifft man als Anleger eigenverantwortlich seine Anlageentscheide. Ein Execution-Only-Vertrag beinhaltet ausschliesslich die Ausführung, den Empfang und die Übertragung von Aufträgen von Finanzinstrumenten und kommt nur für Anleger infrage, die ihre Anlagegeschäfte selbstständig und eigenverantwortlich abwickeln wollen.
Die Alternativen dazu wären ein Vermögensverwaltungsmandat oder ein Beratungsmandat. Im Rahmen eines Vermögensverwaltungsmandats delegiert man als Kunde die Anlageentscheidungen an die Bank und diese überwacht, dass die Anlagestrategie und das Risikoprofil jederzeit eingehalten sind. Beim Beratungsmandat bekommen Sie als Kunde eine Beratung seitens der Bank. Sie entscheiden letztlich aber, ob Sie eine Anlage tätigen wollen oder nicht. Wenn Sie etwa ein Finanzinstrument erwerben möchten, das seitens der Bank aufgrund Ihres Anlegerprofils als ungeeignet eingestuft wird, muss sie Sie informieren.
Das Finanzdienstleistungsgesetz sieht für Kunden von Finanzdienstleistern eine Klassifizierung nach Privatkunden, professionelle Kunden und institutionelle Kunden vor. Je nach Kategorie unterscheidet sich der Anlegerschutz und die Bank hat andere Informations- und Rechenschaftspflichten. Privatpersonen werden ohne andere Informationen üblicherweise als Privatkunden eingeteilt und geniessen gesetzlich den höchsten Anlegerschutz. Dies bedeutet, dass sie umfassend über Produktrisiken informiert werden müssen und die Auswahl der angebotenen Instrumente beschränkt sich auf Produkte, die für den Vertrieb an Privatkunden zugelassen sind.
Als Kunde kann man über ein sogenanntes Opting Out eine Änderung der Klassifizierung verlangen.
Professionelle Kunden werden indes als sachkundige Anleger behandelt, «die wegen ihrer Kenntnisse und Erfahrungen sowie ihrer Fähigkeit, finanzielle Verluste zu tragen, einen niedrigeren Anlegerschutz als Privatkunden erhalten», wie es etwa in einer Broschüre der Bank Julius Bär heisst. «Einige Verhaltensregeln finden auf professionelle Kunden keine Anwendung, etwa die Übermittlung von Basisinformationsblättern. Professionelle Kunden sind berechtigt, auf ein grösseres Anlageuniversum zuzugreifen.» Darunter fallen Finanzprodukte, die lediglich an professionelle Kunden gerichtet oder nicht für den Vertrieb an Privatkunden zugelassen sind. Neben professionellen Finanzfachleuten mit entsprechender Ausbildung und Erfahrung werden auch institutionelle Investoren – also etwa Versicherungen, Pensionskassen, Fondsbetreiber oder andere Banken – sowie Anleger mit spezifischem Fachwissen und grösserem Vermögen vom strengen gesetzlichen Anlegerschutz ausgenommen.
Als Kunde kann man über ein sogenanntes Opting Out eine Änderung der Klassifizierung verlangen, weil man etwa viel Erfahrung im Anlagebereich und ein Anlagevermögen von mindestens einer halben Million Franken aufweist. Ihr offensichtliches Kommunikationsproblem mit Ihrer Bank dürfte auf der Kundenklassifizierung und den Vorgaben des Finanzdienstleistungsgesetzes beruhen. Sie sind wahrscheinlich als Privatkunde klassifiziert und haben vielleicht noch ein Beratungsmandat, obwohl sie offenbar einen Execution-Only-Vertrag wünschen. Ich rate Ihnen, Ihre Bank auf diese Punkte konkret anzusprechen. Dann dürfte sich die Sachlage rasch klären und Sie können gemeinsam prüfen, welche Art von Zusammenarbeit mit Ihrer Bank für beide Seiten passend ist.
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