Breiter Aufruf vieler OrganisationenMehrere Tausend demonstrierten in Bern erneut gegen den Krieg
Am Samstag setzen in Bern Menschen aus der ganzen Schweiz ein Zeichen gegen den Krieg. Die Kundgebung verlief friedlich.
Auf dem Bundesplatz sind bereits die Aufräumarbeiten in Gang. Die Menschen haben den Platz verlassen, die Kundgebung verlief friedlich. Wir beenden hiermit die Berichterstattung, bedanken und für die Aufmerksamkeit und verabschieden uns.

Auch Stadtpräsident Alec von Graffenried vor Ort. Die Stadt unterstütze mit Direkthilfsmitteln und bis zu 20 Zivilschutzleistenden, sagte er. Zudem leiste die Stadt logistische Unterstützung für Hilfsmittel-Lieferungen. Die Familie von Graffenried habe zudem zwei Flüchtlinge aus Kharkiv bei sich untergebracht. Auch die Stadtmitarbeitenden hälfen derzeit in der Zivilschutzanlage für die Flüchtenden freiwillig mit.
Es gehe ihm im Moment nicht gut, sagt von Graffenried. Die Situation in der Ukraine bedrücke ihn. Und auch für das russische Volk sei der krieg ein riesiges Drama. (cse)
Die Reden sind zu Ende, die Demonstrierenden legen eine Schweigeminute ein. Danach folgt zum Abschluss der Kundgebung nochmals Musik von Viktor und Nadine.
Der ukrainische Botschafter Artem Rybchenko ist sehr dankbar: Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried helfe, wo er könne. «Alle Menschen sind heute Ukrainer», sagt er. Die Europäer hätten die Geflüchteten mit Wärme aufgenommen. Er sei glücklich, die Schweizer Flagge zusammen mit der ukrainischen zu sehen. Denn nur zusammen könne man den Krieg beenden. Dass es im April schneie zeige, zeige, dass sich die Welt verändert habe, so der Botschafter.
Rybchenko fordert von der Schweiz Schutzwesten und Helme für Ärzte und Hilfskräfte, die im Kriegsgebiet helfen. Zudem wünscht er sich mehr Sanktionen im Finanzbereich. Jeder Euro, der nach Russland komme, müsse gestoppt werden. Denn die russische Aggression gehe weiter: In Zukunft fürchtet der Botschafter chemische Attacken in der Ukraine. (cse)

Nun treten zwei Russinnen ans Mikrofon: Anjelika Smirnova, Regisseurin und Vertreterin der demokratischen russischen Opposition sowie Katja Glikman, Journalistin bei der mittlerweile wegen Regierungsdruck eingestellten «Nowaja Gaseta».
Smirnova, die Familie in Russland und Ukraine hat, vergleicht den russischem Angriff auf die Ukraine mit dem deutschem Angriff auf die Sowjetunion. Sie spricht von Schock, einem Flashback und der Ukraine als Brudernation von Russland.
«Die russische Regierung hat uns alle zu Komplizen gemacht. Sie verwandelt Russland in ein Nordkorea zwei. Denkende Menschen werden mundtot gemacht, unabhängige Medien abgeschaltet. Ich spreche für die meisten hier wohnhaften Russen: Wir haben uns diesen Krieg nicht ausgesucht!»
Putins Ziel sei nicht nur die Ukraine sondern «eine neue ökonomische und geopolitische Weltordnung», deren Folgen schon heute spürbar seien, etwa wegen der Flüchtenden oder der steigenden Lebensmittelpreise.
Katja Glikman spricht über den Friedensnobelpreis, mit dem Kollegen von der «Nowaja Gaseta» ausgezeichnet wurden und welchen Preis sie dafür bezahlt hätten: Sechs von ihnen seien bereits umgebracht worden. «Alle Russen werden für die Folgen des Kriegs bezahlen müssen, ob verdient oder nicht. Wir sind dafür verantwortlich, ich bin dafür verantwortlich, durch den simplen Fakt, dass ich Russin bin», sagt sie. (dho)
Rita Famos, Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz spricht im Namen des Schweizerischen Rates der Religionen. Es gebe keine christliche Legitimation für diesen Krieg, sagt sie. «Nehmen wir unsere theologische Verantwortung wahr», appelliert sie und betont: «Wir halten es für eine gemeinsame Pflicht der Gläubigen diesen Krieg zu stoppen.»
Als nächstes spricht Hanna Perekhoda als Vertreterin der Unterstützungskomitees für das ukrainische Volk aus den Kantonen Waadt und Genf. Sie stammt ursprünglich aus Donezk. «Putin hat einen schlimmen Krieg begonnen», sagt sie. Die Armee habe es aber nicht geschafft, die Ukraine niederzuringen.
Neben Putin zieht Perekhoda auch die Regierungen und Unternehmen zur Verantwortung, welche weiterhin Geschäfte mit Russland treiben. Dazu fordert sie die endgültige Abrüstung von Nuklearwaffen.
Nach Hanna Perekhodas Rede folgt erneut eine kurze Pause mit traditioneller ukrainischer Musik. Auf der Bühne steht übrigens ein Ehepaar aus der Ukraine. Sie sind professionelle Musiker und nach Kriegsbeginn mit ihren Kindern in die Schweiz geflüchtet. Seit zwei Wochen haben sie den Schutzstatus S.
Als nächstes tritt Alexandra Karle ans Rednerpult. «Danke, dass ihr auch bei Schnee und Eis da seid», sagt die Geschäftsleiterin von Amnesty Schweiz. Sie erzählt von den schlimmen Ereignissen in der Ukraine. Tausende würden verhaftet, es sei eine «gnadenlose Hexenjagd». Das Vorgehen in der Ukraine sei dieselbe wie in Syrien. Karle vergleicht die Belagerung von Mariupol mit der Zerbombung von Aleppo im Syrienkrieg. Man stehe heute hier, um für Gerechtigkeit zu sorgen. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Sie wünsche sich, dass die aktuellen Ereignisse zu einem Umdenken führen bei Schweizer Politikerinnen, für mehr Menschlichkeit gegenüber Flüchtlingen.
Florian ist aus Zürich angereist und möchte die Ukraine unterstützen, damit diese in die EU aufgenommen wird.

Erste Rednerin ist Olesia Briazgunova, Vertreterin KVPU (Confederation of Free Trade Unions of Ukraine). Sie spricht per Liveschaltung aus der Westukraine.
Sie redet vom Alptraum, den der russische Angriff in der Ukraine verursacht hat. Und appelliert an die Anwesenden, der Ukraine so weit als möglich zu helfen: Flüchtlinge unterstützen, Sanktionen erheben und finanzielle und militärische Hilfe senden. Sie bedankt sich für die Solidarität, den die Demonstrierende mit der heutigen Kundgebung zeigen. (dho)
Die ukrainische Neurowissenschaftlerin Nata Stulova hat an der Universität Bern gearbeitet und wollte Anfang März ursprünglich in die Ukraine zurückkehren. «Ich wollte einen längerfristigen Job in der Ukraine beginnen und ein Haus mit Mann und Katze suchen. Diese Pläne sind nun für ungewisse Zeit auf Eis gelegt», sagt Stulova. Nun steckt sie in der Schweiz fest, ihre Familie und Freunde bleiben in der Ostukraine um den Widerstand zu unterstützen. Sie ist in ständigem Austausch mit ihnen, letzte Nacht konnte sie kaum schlafen, da sie Nachrichten von neuen Bombenangriffen erreichten. (dho)

Die Demonstrierenden haben den Bundesplatz erreicht. Unterwegs waren Parolen wie «Stop Putin, stop war», «Hoch die internationale Solidarität» oder die des Klimastreiks «Hey hey, ho ho, fossil fuels, they have to go» zu hören. Generell war der Demozug aber eher ruhig unterwegs.
Auf dem Bundesplatz sind verschiedene Reden vorgesehen. Davor findet aber auf der kleinen Bühne noch ein Konzert mit ukrainischer Musik statt.
Durch die Kundgebung kommt es im Tram- und Busverkehr zu verschiedenen Verspätungen und Ausfällen. So war etwa die Linie 20 zwischen Gewerbeschule und Bahnhof unterbrochen, als sich der Umzug in Bewegung gesetzt hatte. Das Unternehmen informiert über aktuelle Beeinträchtigungen auf Twitter.

Tadeusz Wojnarski setzt sich an der Demonstration neben der Ukraine auch für ein freies Belarus ein. Seine Frau komme von Weissrussland und erlebe von ihren Freundinnen mit, was der Krieg auch in Weissrussland für Auswirkungen habe. Die Bewohnenden würden in Angst und Unsicherheit leben, getrauten sich allerdings kaum, darüber zu sprechen aus Furcht vor dem Regime. Die harten repressiven Massnahmen von Präsident Lukaschenko gegen Oppositionelle nach der Wahlfälschung vor zwei Jahren stecke ihnen noch immer in den Knochen. (dho)

Die Demonstrierenden haben den Waisenhausplatz passiert und wollen via Kornhaus- auf den Bundesplatz. Inzwischen dürften es um die 8000 Menschen sein. Im Video fordern sie, dass russische Werte eingefroren werden und die Schweiz aufhört, mit Russland Geschäfte zu machen.
Der Schnee fällt inzwischen immer stärker, die Demonstrierenden frieren teilweise sichtlich.

An der Demonstration beteiligen sich auch Russinnen und Russen, die sich klar gegen den Krieg aussprechen. Sie tragen die «neue» flagge der Russsischen Föderation. Diese soll für ein friedlicheres Russland stehen. Sie erzählen, wie schwierig es teilweise sei, weil auch die Familien zerstritten sei. «Manchmal wache ich auf und denke, meine Mutter ist eine Faschistin», sagt eine. Die Leute in Russland lebten allerdings auch in einer isolierten Welt mit vielen Desinformationen. (cse)

Auch für innenpolitische Themen wird hier und da Stimmung gemacht. So finden sich etwa Badges für ein Nein zur Frontex-Vorlage am 15. Mai. Der Verkehrsclub Schweiz bekundet auf Aufklebern: «Stop Putin. Ride a Bike». («Stoppt Putin, fährt Velo»)
Der Demonstrationszug setzt sich nun in Bewegung. Ein der Menschen stimmt «Power to the People»-Gesänge an.
Inzwischen sind laut dem Reporterteam vor Ort um die 5000 Leute anwesend. Sie kommen aus der ganzen Schweiz, wie etwa diese Gruppe.

Die beiden Frauen sind Teil der Frauenstreik-Bewegung im Waadtland. Jacqueline Choulat (rechts) sagt, um die Menschen in der Ukraine zu unterstützen, könne man etwas kalt haben. Zusätzlich seien sie hier, um ein Zeichen gegen Putin zu setzen, der die feministische Bewegung in Russland unterdrücke.
Einige einfahrende Züge hupen als Solidaritätsbekundung, was Jubelrufe von den Demonstrierenden auslöst.
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