Stimme aus dem SpitalHanif Kureishi twittert über seinen Zusammenbruch
Der britische Schriftsteller meldet sich nach einem schweren Sturz per Kurznachrichtendienst aus dem Krankenhaus. Und verleiht seinen Tweets Berührendes.

Twitter verroht wegen Elon Musk gerade? Vielleicht. Aber es gibt auch Perlen auf dem Kurznachrichtendienst zu entdecken. Etwa Hanif Kureishi: Der britische Buch- und Drehbuchautor, Essayist und Dramatiker fesselt auf diese Weise gerade ein wachsendes Publikum mit den Schilderungen eines unerwartet aufgetreten Leidens.
In der ersten Januarwoche meldete der 68-Jährige, er werde nach einem Sturz am zweiten Weihnachtsfeiertag möglicherweise «nie wieder gehen oder einen Stift benutzen» können. Italienische Medien hatten zuvor berichtet, er liege auf einer Intensivstation in Rom. Kureishi reagierte mit seinem ergreifenden Bericht: «Ich hatte gerade das Tor von Mo Salah gegen Aston Villa gesehen und ein halbes Bier getrunken, als mir schwindlig wurde», schrieb er. «Ich beugte mich vor und steckte meinen Kopf zwischen die Beine; ein paar Minuten später wachte ich in einer Blutlache auf, den Hals grotesk verdreht, meine Frau neben mir kniend.» Er habe geglaubt, er habe «nur noch Atemzüge», so Kureishi. Seitdem befindet der Autor sich in einem römischen Krankenhaus.
Er sei am Rückgrat operiert worden und habe mit einer Hydrotherapie begonnen. Seine Nachrichten oszillieren zwischen allgemeinen Gedanken zu Kultur («Die gesamte Ästhetik der Renaissance basiert auf polyamorer Sexualität») und Literatur sowie sehr persönlichen Erfahrungen als Invalide.
Berühmt wurde Kureishi 1985 mit dem Drehbuch zum Stephen-Frears-Film «Mein wunderbarer Waschsalon», einem Schlüsselwerk des britischen Kinos der Thatcher-Jahre. All seine Werke haben autobiografische Züge. Daher wirken die nun in unregelmässiger Folge, teils einzeln, teils stossweise abgesetzten Tweets, die er seinem Sohn Carlo diktiert, oft wie Erweiterungen seines sonstigen Werks.
Das interaktive Element von Twitter scheint hier einen heilenden oder zumindest tröstlichen Effekt zu haben. Kureishi dankt seinen Followern dafür, dass sie ihn «am Leben hielten». Und wenn er in einer Nachricht, in der er zum ersten Mal die Hoffnung äussert, sein Zustand könnte sich bessern, den Satz «Mein Herz ist wie ein Singvogel» verschickt, dann ist das nicht kitschig, sondern wirklich rührend.
Fehler gefunden?Jetzt melden.