Guter Umsatz trotz Finanzkrise
Vielen bereitet er keine Freude, und trotzdem gehen alle hin: Der Weihnachtsverkauf lockte gestern massenhaft Kunden in die Berner Innenstadt und in das Einkaufszentrum Westside in Bern Brünnen. Allein dieses verzeichnete 30000 Besucherinnen und Besucher.
Rege Betriebsamkeit herrschte gestern Nachmittag in der Berner Innenstadt. Gut gelaunte Menschen spazierten mit Freunden oder mit der Familie durch die Gassen. Vor den Geldautomaten und den Marroniständen bildeten sich Schlangen. Fast hätte man denken können, dass die Leute Spass daran hätten, den Sonntagnachmittag in den ausnahmsweise geöffneten Geschäften zu verbringen. Im Gespräch stellte sich dann aber Erstaunliches heraus.
«Wann immer möglich, meide ich den Sonntagsverkauf», sagt eine junge Frau im Einkaufszentrum Westside, und damit ist sie nicht allein: Gefragt, ob sie den Sonntagsverkauf mögen, erwidern die meisten fast entschuldigend, dass sie am Sonntagsverkauf seien, weil sie etwas vergessen hätten. «Der ganze Weihnachtsverkauf ist mir zu viel», sagt ein Mann, der vor dem Globus auf seine Freundin wartet: «zu viel Leute, zu viel Konsum und zu viel Hektik». Weihnachten sei für ihn nicht Geschenke, sondern Kindheitserinnerungen, fährt er fort. Die Freundin kommt aus dem Warenhaus, gekauft hat sie nichts. «Wir wollten gar nicht in die Stadt, der ganze Rummel ist nichts für uns», sagt eine Mutter, «aber wir müssen noch Geschenke kaufen.»
Es gibt aber auch solche, die das anders sehen: «Sonntagsverkauf hat für mich sehr viel mit Weihnachten zu tun», sagt ein Mann: «Schliesslich arbeite ich das ganze Jahr, irgendwann muss ich das Geld ja auch ausgeben können.» Auch Armin Arnold, der für den schweizerischen Invalidenverband Procap Herzen aus Schokolade verkauft, gewinnt dem Sonntagsverkauf positive Seiten ab: «Für mich ist der Weihnachtsverkauf eine gute Sache», erzählt er, «an normalen Tagen kommen immer die gleichen Leute in die Stadt, dies macht es viel schwieriger, die Herzen zu verkaufen.» Heute könne er nicht klagen, das Geschäft laufe gut, fügt er noch hinzu, bevor er ein weiteres Stück Schokolade an die Frau bringt.
Auch das Westside hat seine Türen geöffnet. «Der Sonntag ist eigentlich kein guter Tag zum Arbeiten», sagt eine junge Verkäuferin in der Parfümerieabteilung. Das Gute an den Sonntagen sei aber, dass das Geschäft besser laufe. «An normalen Wochentagen haben wir viel weniger Kunden.» Tatsächlich schlendern massenhaft Kunden durch den Warenhauskomplex, hauptsächlich Familien. Die Atmosphäre ist ruhig, beinahe entspannt. Die Leute ruhen sich auf den zahlreichen Sitzgelegenheiten aus, einige fotografieren. Sie sei grundsätzlich gegen den Sonntagsverkauf, meint eine junge Frau, die den Tag mit der Familie im Einkaufszentrum in Brünnen verbringt. «Ich bin hier, um nichts zu kaufen», sagt eine Solothurnerin, sie wolle sich nur das Gebäude anschauen.
Laut André Bagioli, Centerleiter im Westside, haben gestern 30000 Menschen das Einkaufszentrum besucht. «Wir erheben die Kundenfrequenz mit Sensoren: An jeder Eingangstür wird registriert, wer das Gebäude betritt, so erhalten wir genaue Zahlen.» Einkaufen alleine genüge heute nicht mehr, die Leute kämen auch wegen der Attraktionen, etwa des Gospelkonzert, das heute auf dem Programm stand. Trotz der Finanzkrise zeigte sich Bagioli sehr zufrieden mit dem Umsatz. Er könne noch keine Zahlen nennen, aber die Mieter hätten auf Nachfrage gesagt, dass sie mit dem Tagesgeschäft zufrieden seien.
Auch im Globus in der Innenstadt spürt man laut Martin Ziesack, dem Geschäftsführer, keine Umsatzeinbussen – weder wegen der Finanzkrise noch wegen der Konkurrenz in Bern Brünnen. «Mit 5500 Transaktionen haben wir das Budget erreicht.» Gegenüber dem Sonntagsverkauf vom 14. Dezember 2008 sei das sogar eine Steigerung von gut 30 Prozent, sagt Ziesack. Der Globus biete halt auch Waren für ein Kundensegment an, das die Folgen der Krise wohl nicht so stark spüre. Weihnachten sei auch mit viel Emotionen verbunden. Er denke, dass die Leute an anderen Orten sparten, so Ziesack. An der Kasse im dritten Stock stehen die Leute Schlange. «Auf Wunsch verpacken wir die Waren als Geschenk», sagt eine Verkäuferin. Im Durchschnitt verpackten sie jeden zweiten Artikel. Das sei ziemlich stressig, ergänzt ihre Kollegin. Die Geschenke werden nach Vorlage verpackt. Weiss, transparent oder schwarz-weiss gestreift. «Wenn wir Zeit haben, fragen wir die Kunden, welches Papier sie gerne hätten, sonst nicht», sagt sie.
«Wenn ich nicht arbeiten müsste, ich ginge nie in den Sonntagsverkauf», sagt eine Verkäuferin im Parterre. Für sie habe das nichts mit Weihnachten zu tun. Es sei schade, das Fest sei nicht mehr so, wie es einmal war: Heute kämen zwar viele Leute zum Vergnügen in die Läden, aber verkauft werde nicht mehr als vorher. Einzig die Präsenzzeiten für die Arbeitnehmer würden länger.
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