Golfen – bis das Geld ausgeht
Mit Joel Girrbach kämpft selbst der beste Schweizer mit Budgetproblemen. Auf der Challenge Tour, wo er nächste Woche am Sempachersee seinen grössten Titel verteidigt, spielen alle ums Überleben.

«Insgesamt bin ich besser und konstanter als letztes Jahr», sagt Joel Girrbach. Die Zwischenbilanz des besten Schweizer Golfers fällt gut aus: «Ich habe sechs Turniere auf der Challenge-Tour bestritten, war viermal im Preisgeld und erreichte in Portugal eine Top-10-Klassierung.» Der Schönheitsfehler: Die guten Leistungen schlagen sich nicht im Preisgeld nieder. 8716 Euro hat er an diesen sechs Turnieren verdient, brutto. Das reicht gerade zum 60. Rang auf dem zweithöchsten europäischen Circuit.
«Ohne Sponsoren geht es nicht auf dieser Tour», sagt der 24-Jährige. «Der Aufwand ist gleich gross wie auf der European Tour, nur sind die Preisgelder etwa zehnmal kleiner.» Die Tour wird zwar aus Europa gesteuert, beginnt aber in Kenia und China. Vom Yunnan Open reiste Girrbach ohne Preisgeld ab – Cut verpasst.
Sparen, wann immer möglich
Besser lief es ihm nun auf seinem vierwöchigen Trip in die Türkei und auf die Iberische Halbinsel. Dreimal spielte er sich ins Preisgeld – doch selbst Rang 8 am Portugal Open ergab lediglich 4520 Euro. Wäre Girrbach ein nationaler Spitzenfussballer oder -eishockeyspieler, würde er den Club wechseln.Dabei ist der Thurgauer als einer der besten Schweizer privilegiert: Er konnte sich ein Sponsorenpaket schnüren, das ihm seinen Aufwand abdeckt. «Das Preisgeld kann ich für mich als Lohn behalten», sagt er. Doch auch er muss sparen, wann immer es möglich ist.
«Ich vergleiche viele Flüge und muss halt auch mal einen Zwischenstopp einlegen. Auch bei der Unterkunft sind wir ständig am Schauen. Wenn es keine günstigen offiziellen Hotels gibt, mieten wir uns oft zu zweit oder dritt eine Wohnung. Und dann kochen wir auch selber.»Viele von Girrbachs Kollegen müssen auch für die Spesen aufkommen. «Es geschieht oft, dass Spieler keine Turniere mehr spielen, weil ihnen das Geld ausgeht», sagt Girrbach. Er ist neben dem Zürcher Marco Iten der einzige Schweizer auf dieser Tour und oft mit Deutschen zusammen wie Moritz Lampert oder Sebastian Heisele. Seinen Clubkollegen vom GC Lipperswil, Jugendfreund Benjamin Rusch, sieht er selten, denn der spielt auf der Pro Golf Tour.
Fehlschläge mit Folgen
Das Niveau auf der Challenge Tour ist hoch, fast so hoch wie auf der Europatour. Fehler werden sofort bestraft. Das merkte Girrbach auch an der Challenge España. «Ein schlechter Schlag am falschen Loch reicht, um den Cut zu verpassen. Ich spielte die ganze Woche recht gut, als ich einen Abschlag ins Wasser verzog.» Er brauchte für die Par-4-Bahn acht Schläge – und verpasste nur deshalb den Cut um einen Schlag.
Schon bevor die Challenge Tour überhaupt startete, hatte Girrbach Tausende Flugmeilen angehäuft. Im Winter trainierte er vier Wochen in Südafrika, teilweise mit seinem Coach, Andrea Mantoan. Dann nahm er die Chance wahr, in Perth anzutreten, wo er erstmals auf der Europatour ins Preisgeld kam – mit 2191 Euro fiel es aber nicht üppig aus.
Die Frage, ob das Leben auf der Challenge Tour Spass mache, verneint Girrbach denn auch ziemlich klar. «Da musst du einfach durch, wenn du nach oben kommen willst. Aber ich möchte keine fünf Jahre auf dieser Tour bleiben. Entweder es reicht auf die Europatour, oder dann muss ich etwas anderes suchen.» Er könne sich nicht vorstellen, wie andere noch mit über 30 Jahren auf diesem Circuit «herumzufurzen», wie er sagt.
Bis Ende 2019 will er aber Vollgas geben und alles tun, um es zu schaffen. Im Wissen, dass ihm nur Spitzenklassierungen den ersehnten Aufstieg bringen. Im Tour-Ranking muss er dafür Ende Saison unter den Top 15 sein. «Dazu musst du im Normalfall einmal Erster und einmal Zweiter werden. Sonst kommst du nirgendwo hin», ist er sich bewusst.
Vorfreude auf das Heimspiel
Parallel zur Golfkarriere absolviert der Ermatinger ein Fernstudium in Betriebswirtschaft. Letztes Jahr reichte es ihm mit 51 000 Euro Preisgeld zum 45. Rang auf der Challenge Tour. Über die Hälfte davon brachte ihm der Sieg an der Swiss Challenge. Am Sempachersee will er auchkommende Woche wieder glänzen. Doch vorher geht es nach Tschechien, an die Czech Challenge, wo heute das nächste Turnier beginnt. Nach vier Wochen unterwegs reichte es Girrbach über Pfingsten immerhin für einen Tag zu Hause.
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