«Gewaltgeile Männerhorde»: WDR-Kommentar sorgt für Eklat
Deutschland streitet über den Kölner Polizeieinsatz in der Silvesternacht. Befürworter und Kritiker schiessen über das Ziel hinaus.

Der Einsatz der Kölner Polizei in der Silvesternacht sorgt weiterhin für viel Aufruhr. Deutsche Politiker und Medien streiten sich darüber, ob er vertretbar war. Für die einen ist das gezielte Kontrollieren von Nordafrikanern ein klarer Fall von Racial Profiling. Andere finden, dass die Polizei verhältnismässig gehandelt und einen guten Job gemacht habe.
Politiker der Linken, Grünen und der SPD stören sich am Begriff «Nafris», mit dem die Polizei in einem Tweet Nordafrikaner bezeichnet hatte, und kritisieren, dass Menschen allein aufgrund ihres Aussehens überprüft wurden. Auch die «Zeit» verurteilt den Einsatz. Aus ihrer Sicht widersprechen kollektive Zuschreibungen dem 3. Artikel des deutschen Grundgesetzes, gemäss dem niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung oder seiner Herkunft benachteiligt werden darf.
Mit ihrer Kritik steht die «Zeit» in der Medienlandschaft allerdings ziemlich alleine da. Für die «Süddeutsche Zeitung» war der Polizeieinsatz in Köln «verhältnismässig». «Wann je sollen Kontrollen notwendig sein, wenn nicht hier und aus diesem Anlass, ein Jahr nach den Ausschreitungen auf der Domplatte?», fragt der Kommentator und bezeichnet das Vorgehen als Prävention.
«Es zeugt von akuter Weltfremdheit, wenn die Beamten nun zu Rassisten erklärt werden.»
Laut der «Welt» kann Racial Profiling Integration erleichtern und «Leben retten». Und der «Spiegel» bezeichnet die Kritik sogar als «akute Weltfremdheit». Natürlich habe die Polizei Fehler wie mit dem Begriff «Nafris» gemacht, aufgrund der Vorgeschichte aber «vernünftig» agiert. Man müsse sich mal vorstellen, was in Deutschland los gewesen wäre, wenn es vergleichbare Übergriffe wie im Vorjahr gegeben hätte.
Ein Grossteil der Medien stellt sich also hinter den Einsatz. Einige schiessen dabei aber über das Ziel hinaus. Lothar Lenz, Studioleiter des WDR-Hörfunks in Köln, sorgte mit seinen Aussagen für einen Eklat. «Da waren sie wieder, die gewaltgeilen Männerhorden – aber diesmal wartete zum Glück genug Polizei», sagte dieser in einem Radiokommentar (hier anhören).
Mit dem Ausdruck «gewaltgeile Männerhorde» greife Lenz voll daneben, findet die «Huffington Post». Er erkläre damit junge Männer aus Nordafrika kollektiv für schuldig, bevor sie überhaupt ein Verbrechen begangen hätten. Auch die Übergriffe an Silvester 2015 würden seine Wortwahl nicht entschuldigen.
Der «Kölner Stadtanzeiger» bezeichnet die Ausdrucksweise von Lenz gar als «Volksverhetzung». Der «Nafri»-Fehlgriff der Kölner Polizei sei eine Kleinigkeit im Vergleich zum WDR-Kommentar.
Persönliche Kritik an Lenz kommt auch von Niema Movassat, einem Bundestagsabgeordneten der Linken. Er schrieb auf Twitter: «Als jemand, der nie von Rassismus betroffen war, hat Herr Lenz natürlich kein Problem mit Rassismus.»
Movassat seinerseits wurde für diesen Kommentar von verschiedenen Seiten angefeindet, erhielt beleidigende Mails und Drohungen. Der Hörfunksender WDR wiederum reagierte auf die Kritik an Lenz und entfernte die entscheidende Passage – von «gewaltgeilen Männerhorden» ist inzwischen nichts mehr zu lesen. Trotzdem befeuerte der Kommentar die Rassismus-Debatte in Deutschland.
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