17. «Bund»-Essay-WettbewerbGeld für «ds puurluttere Nüüttue»
Der 17. «Bund»-Essay-Preis zum Thema bedingungsloses Grundeinkommen geht an Stef Stauffer.

Einen Lohn erhalten, ohne dafür zu arbeiten. Das wäre doch was? Die Autorin Stef Stauffer, die aus Locarno und Bern vor allem berndeutsche Texte verfasst, schreibt in ihrem Essay: «Weisch wie, we s eim öpper zauti, ds puurluttere Nüüttue.» Sie würde von Genf bis ins Bündnerland wandern oder sich ein Alphorn selber schnitzen. Das Publikum lacht, als sie es mündlich vorträgt.
Sie gewann den ersten Preis und damit 5000 Franken, der zweitplatzierte Luka Peters 2500 Franken, der drittplatzierte Michael Sienhold 1500 Franken – über Geld spricht man an diesem Abend offen.

Stef Stauffer, Luka Peters und Michael Sienhold durften am Dienstagabend anlässlich der «Bund»-Essay-Preisverleihung ihre Essays vor Publikum in der Dampfzentrale in Bern vorlesen. Sie alle haben einen Essay zum bedingungslosen Grundeinkommen verfasst und wurden aus 72 Texten ausgewählt.
Die Jury, bestehend aus dem Wirtschaftswissenschaftler und Philosophen Philip Kovce, der Literaturagentin Katharina Altas und der «Bund»-Chefredaktorin Isabelle Jacobi, suchte vorgängig die drei besten Texte aus. Das Publikum durfte am Dienstagabend dann in einem letzten Schritt, basisdemokratisch, abstimmen, welcher der drei Texte den ersten, den zweiten und den dritten Platz erhält.
Der innere Monolog von Stef Stauffer, bei dem die lohnabhängige Person im Text grosse Fantasien für das bedingungslose Grundeinkommen hegt, holte die meisten Stimmen des Publikums. Luka Peters, Schriftsteller und Poetry-Slammer, gewinnt den zweiten Platz. Er befürchtet, das bedingungslose Grundeinkommen werde zum besinnungslosen Grundeinkommen. In seinem Essay stellt er fest, dass immer mehr neoliberale Kräfte das Grundeinkommen befürworten. Das stimmt ihn misstrauisch, und er fragt sich, ob das Grundeinkommen wirklich der richtige Weg zu einem würdevolleren Leben sei.
Reinwerfen läuft rückwärts
Im Hintergrund läuft während der ganzen «Bund»-Essay-Preisverleihung ein Video von Manuel Schüpfer und Viola Zimmermann, Dozierende der Hochschule der Künste Bern. Es zeigt einen mit Münzen bedeckten Brunnenboden, von wo aus die Münzen nach und nach aus dem Wasser springen, das Reinwerfen läuft rückwärts, bis der Brunnen leer ist, pünktlich zum letzten Ton des Abends, der vom Jazztrio Blue Sphere gespielt wird. Manon Mullener (Piano), Ledian Mola (Kontrabass) und Lucien Mullener (Schlagzeug) begleiten den Abend musikalisch, ihre teilweise improvisierten Stücke sorgen für lauten Applaus.
Während die Stimmen des Publikums ausgezählt werden, gibt es für das Publikum einen Apéro aus Grundnahrungsmitteln: Älplermagronen mit Apfelmus, Haudegenbrot, ein Linseneintopf, Rösti und Fruchtsalat aus einheimischen Früchten.

Beim Apéro diskutieren viele angeregt, doch politisch scheiterte das bedingungslose Grundeinkommen bisher nur. Zu teuer, utopisch, die Leute würden nicht mehr arbeiten – die Bedenken sind bei vielen Schweizerinnen und Schweizern vorhanden. Laut einer Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich aus dem Jahr 2013 ist dem jedoch nicht so. In der Schweiz würden nur etwa zehn Prozent der Befragten ihren Job aufgeben.
Die erste Abstimmung zum bedingungslosen Grundeinkommen schmetterte die Bevölkerung 2016 wuchtig ab an der Urne, mit 76,9 Prozent, die dagegen stimmten. Im Januar dieses Jahres wiederum scheiterte ein erneuter Versuch bereits bei der Unterschriftensammlung.
«Eine ganz einfache Sache»
Da tut es gut, das ganze mal auf das Wesentliche zu reduzieren: «Das Grundeinkommen ist eigentlich eine ganz einfache Sache», schreibt der deutsche Philosoph Michael Sienhold in seinem Essay: «Es ist Existenzgeld. Es erkennt den Menschen um seiner selbst, um seiner Existenz willen an. Es prämiert kein Tun. Es prämiert kein Nichtstun.» Für diese klaren Worte erhielt er den dritten Preis.
Eine simple Sache also? Im vergangenen September scheiterte in der Stadt Zürich eine Initiative für einen Pilotversuch mit einem bedingungslosen Grundeinkommen nur knapp (53,9 Prozent haben sie abgelehnt). Besteht also Hoffnung für das Projekt «Alphorn selber schnitzen»?

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