Fulehung jagt die Thuner durch die Gassen
Für Vorwitzige setzt es Hiebe ab, für brave Kinder gibt es Süssigkeiten: Am Montagmorgen war in Thun der Fulehung los.
Die Thunerinnen und Thuner feiern seit Sonntag ihren Ausschiesset. Höhepunkt des dreitägigen Volksbrauchs ist jeweils der frühe Montagmorgen, wenn die Gestalt des Fulehung die Kinder durch die Altstadtgassen jagt.
Für Vorwitzige setzt es Hiebe ab, für brave Kinder gibt es Süssigkeiten. Schon im Morgengrauen versammeln sich die Thunerinnen und Thuner auf dem Rathausplatz. Pünktlich um fünf Uhr früh erscheint der mit einer gehörnten Narrenmaske verkleidete Fulehung, bewehrt mit einem Strauss Schweinsblasen und einem Holzscheit.
Die Kinderhorden stieben auseinander und los geht die Wilde Jagd durch die noch dunklen Gasse. Hiebe setzt es aber nicht nur für Kinder ab, sondern auch für die vielen Erwachsenen am Strassenrand - für Thuner ist ein «Tätsch» vom Fulehung natürlich Ehrensache.
Süssigkeiten aus dem Fenster
Im Verlauf des Morgens beruhigt sich die Jagd durch die Gassen ein wenig und der Fulehung begibt sich in verschiedene Häuser der Altstadt, wo er Süssigkeiten aus einem Fenster in die Menge wirft.
Mit dem Ausschiesset wurde ursprünglich der Abschluss des Schützenjahres gefeiert, eine Tradition, die sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. 1839 wurde in Thun das Kadettenkorps gegründet, eine Organisation, in der Buben des Progymnasiums auf eine spätere Militärkarriere vorbereitet werden sollten. Seither sind die Kadetten die Hauptakteure des Ausschiesset.
Vom Korps zur Freizeitorganisation
Heute ist das Kadettenkorps längst eine Sport-, Musik- und Freizeitorganisation für alle Fünft- bis Neuntklässler. An die alte Thuner Militärtradition erinnert aber beispielsweise noch die Gradeinteilung der Kadetten. Das Korps wird jeweils von einem Hauptmann geführt, in diesem Jahr ist es die Neuntklässlerin Stefanie Röthlisberger.
Der Hauptmann führt jeweils die verschiedenen Kadetten-Umzüge Mit Musikkorps und Tambouren durch die Innestadt an. Das Volksfest startet jeweils am Sonntag mit einem grossen Umzug. Der Montag gehört dem Fulehung und am Dienstag ist das Kadetten-Armbrustschützenkorps am Werk.
Vom Knabenschützenhaus beim Berntor aus schiessen die jungen Armbrustschützen auf einen blumenbekränzten Scheibenstand, genauer gesagt auf ein dort aufgestelltes Gesslerbild. Wer seinen Pfeil am nächsten beim Herz des Tyrannen landet, hat gewonnen. Den Abschluss des dreitägigen Volksfests bildet der Kadettenball am Dienstagabend.
Aus den Burgunderkriegen?
Der Legende nach sollen die Thuner bei der Schlacht von Murten den Hofnarren Karls des Kühnen gefangen und durch die Gassen getrieben haben. Die Maske des Narren behielten die Thuner als Beute.
Ob es tatsächlich einen Zusammenhang zu den Burgunderkriegen gibt ist offen. Konkrete Hinweise auf den Fulehung finden sich erst um 1840. Damals war eine Narrengestalt am Ausschiesset. Sie trug aber keine gehörnte Maske, sondern eine Schellenkappe und wurde nicht Fulehung, sondern Bajass genannt. 1864 wurde der Narr mit der Teufelsmaske offiziell von den Armbrustschützen am Ausschiesset eingeführt.
SDA/zec
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