Female Classics in BernFrauen auf die Bühne!
Dirigentinnen, Musikerinnen und Solistinnen haben ihren Platz in der Klassikszene mittlerweile erkämpft. Aber was ist mit Komponistinnen? Die Bewegung Female Classics rückt sie ins Zentrum.

Beethovens Werke kennt jedes Kind. Doch wer hat bereits von seiner Zeitgenossin Emilie Mayer gehört? Auch sie komponierte ein umfangreiches Oeuvre, auch sie war Teil der Wiener Klassik und erlangte bereits zu Lebzeiten Bekanntheit in Europa. Der grosse Unterschied: Sie war eine Frau.
«Die Chancen für Komponistinnen waren und sind nicht dieselben wie für ihre männlichen Berufskollegen, weil die Gesellschaft andere Vorstellungen von Frauen in der Öffentlichkeit hat», sagt Florence Weber, Projektleiterin der Berner Ausgabe der Female Classics. Die Initiative organisiert Konzerte und Festivals – ausschliesslich mit Werken von Komponistinnen. Weber führt weiter aus: «Es galt als unnötig oder gar unschicklich, sich als Frau zu exponieren. Deswegen haben Frauen zum Teil unter männlichem Pseudonym publiziert oder berühmte Komponistinnen wie Fanny Hensel oder Clara Schumann auch im Namen berühmterer männlicher Komponisten.» Das Argument, es gäbe nun mal keine Komponistinnen aus vergangenen Jahrhunderten, entspricht also nicht der Realität. «Wer sich auf die Suche begibt, wird staunen, wie viele Frauen in allen Epochen Musik komponiert haben», schwärmt Weber.
Hürden abbauen
Werke von Frauen sind also nicht rar, werden aber aufgrund der historisch gewachsenen Strukturen seltener gespielt. Sie sind dadurch weniger geläufig, es gibt weniger Arrangements für verschiedene Besetzungen oder öffentlich zugängliches Notenmaterial. So entstehen Hürden, und Musizierende greifen deshalb eher auf altbekannte, meist von Männern komponierte Musik zurück. Diese Hürden abzubauen, ist das Ziel von Female Classics. Die Bewegung verfolgt dafür verschiedene Ansätze. Neben dem neuen Klassikfestival mit jeweils drei Konzerten in Bern und Zürich finden beispielsweise Kammermusik-Workshops für Amateurmusizierende statt. Auch führen Female Classics eine gut kuratierte Website voller Hör- und Leseempfehlungen.
«Beyond String Trio» heisst nun das erste Female-Classics-Konzert in Bern, an dem die drei Frauen vom Triologie String Trio drei Stücke spielen werden. Zum Auftakt erklingt das Streichtrio der russischen Komponistin Sofia Gubaidulina. 1981 aus Russland emigriert, ist sie heute als Komponistin aus dem zeitgenössischen, europäischen Klassikrepertoire nicht mehr wegzudenken. Darauf folgt das Stück «A Tres Voces» der Kubanerin Tania León. Auch sie musste ihre Heimat verlassen, hat aber die vielen verschiedenen Musikkulturen der karibischen Insel mitgenommen und lässt sie in ihre klassischen Kompositionen einfliessen. 2021 wurde ihr Werk mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Zuletzt erklingt die Zweitaufführung von «tuvak kermenim» der jungen lettischen Komponistin Asia Ahmetjanova (geb. 1992).
Für vertiefte Einblicke wird die Musikwissenschaftlerin Dr. Doris Lanz die verschiedenen Werke kommentieren und kontextualisieren. Und wie soll Female Classics in Zukunft klingen? Weber: «In den nächsten Jahren werden wir unser Festival in Zürich und Bern ausbauen, viele Komponistinnen vorstellen und weitere Konzertformate aufnehmen. Mit diesen und vielen weiteren Ideen wollen wir an unserer grossen Vision der gleichberechtigten Hörbarkeit weiterarbeiten.»
Atelier Schutter Widmer Krieger, Balmweg 24, 3007 Bern, Freitag, 20. Januar, 19.30 Uhr
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