Frankreichs Premier Valls will Präsident werden
François Hollande will auf eine zweite Amtszeit als Präsident Frankreichs verzichten. Sein Regierungschef kämpft dafür um den Einzug ins Élysée.

Aus seinen Ambitionen hat Manuel Valls nie einen Hehl gemacht. Sein Machthunger ist gewaltig, sein Durchsetzungsvermögen gefürchtet. Jetzt steigt Frankreichs ehrgeiziger Premierminister ins Rennen um den Elysée-Palast ein.
Der 54-jährige Sozialist verkündete am Montagabend in der Pariser Vorstadt Évry seine Präsidentschaftskandidatur. Zugleich kündigte er an, am Dienstag seinen Rücktritt als Regierungschef einzureichen, um sich auf den Wahlkampf konzentrieren zu können.
Staatschef François Hollande hatte am vergangenen Donnerstag erklärt, er werde kommendes Jahr nicht zur Wiederwahl antreten. Damit wurde der Weg frei für eine Kandidatur seines Premiers.
Wie stehen die Erfolgschancen?
Doch die Erfolgsaussichten des kämpferische Reformpolitikers mit spanischen Wurzeln sind höchst ungewiss. Mit Hollandes Verzicht ist für Valls noch nichts gewonnen. Denn von den traumhaften Umfragewerten aus seiner Zeit als Innenminister ist kaum mehr etwas übriggeblieben, die magere Regierungsbilanz der vergangenen Jahre ist eine schwere Last, und bei den Sozialisten ist er alles andere als unumstritten,
Der 54-Jährige gehört dem reformorientierten Parteiflügel an, tritt für eine unternehmerfreundliche Wirtschaftspolitik ein, ist ein innenpolitischer Hardliner und fährt bei der Laizität einen besonders scharfen Kurs. Früh schon rieb er sich an den Dogmen der traditionellen Linken. 2007 schlug er gar vor, die sozialistische Partei umzubenennen – das «socialiste» schien ihm «überholt».
Umstritten in eigener Partei
Bei vielen Genossen stiess das erwartungsgemäss auf wenig Gegenliebe. In der Partei war der Mann mit dem prägnanten Kinn und der kernigen Stimme lange Zeit eher ein Aussenseiter. Bei der Präsidentschaftsvorwahl 2011 kam er auf nicht einmal sechs Prozent.
Trotzdem wurde der langjährige Abgeordnete und Bürgermeister der Pariser Vorstadt Évry bald darauf zu einem der mächtigsten Politiker Frankreichs. Hollande machte ihn 2012 nach seinem Wahlsieg erst zum Innenminister und zwei Jahre später zum Regierungschef.
Reformen durchgedrückt
Als Premier sollte Valls, 1962 im spanischen Barcelona geboren und mit 20 Jahren eingebürgert, die sozialdemokratische Reformpolitik des Präsidenten durchsetzen. Auch gegen den wachsenden Widerstand des linken Parteiflügels, der die Politik als zu unternehmerfreundlich kritisierte.
Zwei Reformen – darunter die Lockerung des Arbeitsrechts im Sommer – drückte Valls auf einem Sonderweg ohne direkte Abstimmung durch die Nationalversammlung, weil eine eigene Mehrheit fraglich erschien.
In den erhitzt geführten Debatten teilte Valls kräftig aus. So sprach er von «unversöhnlichen Positionen» zwischen einer reformorientierten und einer «ewiggestrigen» Linken. Das könnte sich rächen. Der vierfache Vater, der in zweiter Ehe mit der bekannten Geigerin Anne Gravoin verheiratet ist, muss jetzt alle Strömungen der Linken vereinen.
Konkurrenz ist hart
Die Parteilinke hat schon zum Angriff geblasen: Ex-Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, ebenfalls ein Präsidentschaftsanwärter, hat Valls zum spalterischen «Theoretiker der unversöhnlichen Linken» erklärt und verspricht eine Abkehr von der Politik des Tandems Hollande-Valls.
Umfragen sehen Valls zwar als Favoriten der Präsidentschaftsvorwahl im Januar. Doch der sozialistische Kandidat wird bei der folgenden Präsidentschaftswahl nicht nur gegen die Rechte, sondern auch gegen andere linke Kandidaten antreten müssen, unter anderem gegen Linkspartei-Mitbegründer Jean-Luc Mélenchon und den sozialliberalen Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron.
Das zersplitterte linke Lager hat nach jetzigem Stand kaum Chancen auf die zweite Runde der Präsidentschaftswahl im Mai. Der selbstbewusste und ehrgeizige Valls wird jetzt viel Kämpfergeist unter Beweis stellen müssen.
SDA/pat/bee
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