Finanzjongleur in Bern verurteilt - Drei Millionen veruntreut
Das kantonale Wirtschaftsstrafgericht hat einen 64-jährigen Schweizer am Montag wegen Veruntreuung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt.

Das kantonale Wirtschaftsstrafgericht sah es für erwiesen an, dass der Mann fast drei Millionen Franken veruntreut hat. Vier Helfer erhielten bedingte Freiheitsstrafen zwischen 13 und 22 Monaten. Das veruntreute Geld stammte von mehreren Dutzend Privatpersonen aus der Deutschschweiz, die sich von den Wirtschafts- und Finanztheorien des Hauptangeklagten überzeugen liessen. Der Mann kämpft seit Jahrzehnten für eine Abkehr vom heutigen Kredit- und Zinssystem.
Mit seiner Erfindung der «freien HuMan-Wirtschaft» schaffte es der Mann immer wieder in die Medien, wobei die Schlagzeilen - auch wegen früherer Gerichtsfälle - nicht immer positiv waren. Im Kern propagiert er ein bargeldloses Verrechnungssystem, für das er eine spezielle E-Banking-Software entwickeln liess. Der Mann gründete verschiedene Genossenschaften und scharte einige gut vernetzte Mitstreiter um sich. Diese konnten Gutgläubige dazu bewegen, den Genossenschaften Geld zur Verfügung zu stellen. Offenbar gingen sie von einer sicheren Anlage aus.
Doch nach Erkenntnissen des Gerichts wurde ihr Geld nicht für den vertraglich vereinbarten Zweck des Eigenkapitalnachweises verwendet. Vielmehr sollen die Gelder in allerlei Projekte geflossen sein, die dann nicht die erhoffte Rendite abwarfen. Ausserdem gönnten sich die Beschuldigten ansehnliche Provisionen. Umgekehrt müssen die meisten Geschädigten zwischen 20'000 und 50'000 Franken in den Kamin schreiben.
Auch wenn hinter den Handlungen der Verurteilten weltanschauliche Überlegungen stünden, gehe es doch um ganz gewöhnliche Vermögensdelikte, stellte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilseröffnung fest. Die Gelder seien in unzulässiger Weise verwendet und aufgrund von Fehleinschätzungen verloren gegangen.
Einlagen von 2005
Alle fünf Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert, doch das Gericht folgte im wesentlichen den Anträgen des Staatsanwalts. Allerdings fällte es etwas mildere Urteile - auch, weil die Delikte schon sehr lange zurückliegen. Zur Hauptsache ging es bei diesem Prozess nämlich um Einlagen aus dem Jahr 2005 in eine Genossenschaft, die dann zwangsliquidiert wurde. Laut Bundesgericht hatte sie sich unerlaubt als Bank betätigt und gewerbsmässig Publikumseinlagen entgegengenommen.
Was in den Folgejahren alles geschah, als der Mann in Österreich lebte, warum genau er auch dort mit Gesetz in Konflikt geriet - all das war für Prozessbeobachter nicht einfach nachzuvollziehen. Die Staatsanwaltschaft erklärte die lange Zeitspanne zwischen Delikten und Anklage ebenfalls mit der Komplexität des Falls.
Abgebrannt
Klar ist, dass der 64-Jährige inzwischen wieder im Kanton Bern lebt und weiterhin sein grosses Ziel einer «freien HuMan-Wirtschaft» verfolgt. Offensichtlich ist aber auch, dass er wenige Monate vor seiner Pensionierung finanziell abgebrannt ist. Er lebe von der Sozialhilfe, berichtete der Mann vor Gericht. Die AHV werde nicht reichen, eine zweite Säule habe er nicht aufgebaut - er werde Ergänzungsleistungen beantragen müssen.
SDA/mer
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