Federer zum Grand-Slam-Rennen«Wie sich Djokovic ins Ziel gerettet hat, war grossartig»
Nach dem Startsieg in Halle schwärmt Federer vom French Open, kritisiert aber die zunehmende Fokussierung auf die Grand-Slam-Turniere.

Roger Federers Rückkehr auf Rasen nach zwei Jahren brachte ihm schon eine gute Standortbestimmung. Mit dem 1,93 m grossen Ilya Iwaschka (ATP 90) traf er auf einen formstarken Spieler, der schon seit zwei Wochen auf Rasen spielt und in Halle die Qualifikation überstand. Beobachtet von seiner Frau Mirka, kam er zu einem etwas schmeichelhaften 7:6 (7:4), 7:5. «Ich fühle mich hier nicht sehr unter Druck. Aber jeder Match, den ich spielen kann, ist positiv im Hinblick auf Wimbledon», sagte er.
Federer hatte aus Ostwestfalen am Wochenende die Endphase des French Open ziemlich genau verfolgt und zeigte sich beeindruckt, vor allem von Sieger Novak Djokovic. «Schon im Halbfinal gegen Nadal gab es unfassbare Ballwechsel und grossartiges Tennis.» Auch Tsitsipas habe stark gespielt, «aber wie sich Djokovic noch über die Ziellinie gerettet hat, war grossartig. Umso mehr, als er in der Woche vor Paris auch noch das Turnier in Belgrad gewonnen hat.»
«In Zukunft werden mehr und mehr Spieler Grand-Slam-Turniere gewinnen.»
Tsitsipas habe wie vor ihm schon Alexander Zverev und Daniil Medwedew gezeigt, dass er inzwischen in der Lage sei, auch die grössten Titel zu gewinnen. «In Zukunft werden ohnehin wieder mehr und mehr Spieler Grand-Slam-Turniere gewinnen», glaubt der 20-fache Majorsieger. Dass er, Nadal (20) und Djokovic (19) der Konkurrenz in den vergangenen Jahren auf dieser Stufe nur Restposten übrig liessen, scheint ihm nicht ganz geheuer.
«Sicherlich haben mir die Grand Slams vieles gegeben, und sie bieten dem Tennis eine grosse Bühne», so Federer. Der grössere Teil des Tennisjahres spiele sich aber auf der ATP-Tour ab. Natürlich sei es spektakulär, dass drei Spieler nun extrem viele dieser Pokale geholt hätten, gibt er zu. Was ihm aber nicht gefällt, ist, dass die Grand-Slam-Turniere inzwischen das fast allein gültige Mass der Erfolge sind und den Rest der Turniere überschatten. «Als ich auf die Tour kam, ging es nicht nur um die Grand Slams. Pete Sampras war es, der diese Entwicklung auslöste und plötzlich sagte, nun würden ihn nur noch die Slams interessieren.»
«Solange wir spielen, ist alles möglich, und am Schluss wird abgerechnet.»
Er habe die Latte dann höher gesetzt, «aber nach meinem 15. Titel war es mir eigentlich egal, ob ich 15, 16, 17 oder 18 davon hatte. Ich wollte einfach Sampras’ Rekord brechen, alles andere war ein Bonus.» Für Nadal und Djokovic sei die Situation dann anders gewesen, sie hätten zu ihm aufschliessen wollen, und dass es ihnen gelungen sei, bedeute für die Tennisgeschichte einen Höhepunkt. Bei der Frage, wer diesen Dreikampf einmal gewinnen könnte, wich er aus: «Solange wir spielen, ist alles möglich, und am Schluss wird abgerechnet.»
Tsitsipas meldet sich in Halle wieder ab
Gegen den 27-jährigen Iwaschka gewann Federer als Rückschläger im ersten Satz nur zwei Punkte und musste selber zwei Breakbälle abwehren. Im zweiten Satz, in dem die Licht-Schatten-Verhältnisse angenehmer wurden, wirkte er ruhiger und souveräner. «Startspiele in Halle sind immer schwierig, vor allem gegen starke Aufschläger», bilanzierte er. «Man findet kaum seinen Rhythmus. Aber im zweiten Satz hatte ich mehr Möglichkeiten, und insgesamt war es ein guter Auftaktmatch.»
Iwaschka liess erst in der Endphase Breakbälle zu. Mit dem vierten beendete Federer die Partie nach 1:35 Stunden und verbesserte seine Turnierbilanz auf 69:7. Im Achtelfinal trifft er nach einem Ruhetag auf den Kanadier Felix Auger-Aliassime oder den Polen Hubert Hurkacz. Wenig überraschend zog Paris-Finalist Tsitsipas, der eine Wildcard angenommen hatte, sich noch vor Turnierbeginn ab. Und David Goffin, gegen den Federer 2019 im Final seinen zehnten Titel in Halle gewonnen hatte, musste nach zwei Sätzen gegen den Franzosen Corentin Moutet aufgeben.
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