Grünes Licht für KundgebungenFaktisches Demo-Verbot fällt
An Kundgebungen im Kanton Bern dürfen neu maximal 100 Personen teilnehmen. Der Regierungsrat hat die Bestimmungen in der Covid-Verordnung gelockert.

Die umstrittene 15er-Regel für Kundgebungen und Demonstrationen im Kanton Bern wird ad acta gelegt. Der Regierungsrat lockert die strenge Vorgabe. «Die Kundgebungsfreiheit ist ein wichtiges Grundrecht», heisst es in einer Medienmitteilung. Deshalb habe der Regierungsrat beschlossen, eine höhere Zahl von Teilnehmenden zuzulassen, «in Anlehnung an die Regelung des Bundesrats für Veranstaltungen im Aussenbereich vor Publikum».
Das heisst: An politischen und zivilgesellschaftlichen Kundgebungen dürfen ab Montag neu maximal 100 statt wie bisher 15 Personen teilnehmen. Es gilt aber weiterhin die Maskentragpflicht. Aufgrund der Bundesvorgaben wären auch Grossdemos möglich, da der Bundesrat nur Maskenpflicht vorschreibt. «Wir müssen angesichts der Fallzahlen derzeit vorsichtig vorgehen», sagt Regierungspräsident Pierre Alain Schnegg (SVP). «Die Erfahrung zeigt, dass die Abstände bei grossen Kundgebungen meist nicht eingehalten werden können.» Auch die Maskentragpflicht werde häufig missachtet.
Das zeigte sich etwa bei der Demo in Moutier am Abstimmungssonntag, als das Resultat für einen Kantonswechsel der Gemeinde feststand. In den letzten Wochen sei es zu vermehrten Ansteckungen im Berner Jura gekommen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte die Obergrenze ganz fallen, je nach Fortschritt der Impfkampagne. «Hier sind wir stark abhängig von den Lieferungen von Moderna», sagt Schnegg.
Debatte um Grundrechte
Anfang Woche forderten linke Parteien und die SVP eine Aufhebung des faktischen Kundgebungsverbots im Kanton Bern. Neun linke Parteien und Menschenrechtsorganisationen reichten gegen die kantonale Verordnung Beschwerde beim Bundesgericht ein. Vor allem die Wegweisung der Klimastreikenden vor rund einem Monat war ihnen ein Dorn im Auge. Die Verordnung verstosse gegen das Grundrecht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Franziska Sprecher, Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Bern, stellte im «Bund» die Verhältnismässigkeit infrage. Sie äusserte Zweifel an der Kompetenz des Kantons, die Bundesvorgaben bei den Teilnehmerzahlen derart zu verschärfen.
Auch Zürich lockert
Der Regierungsrat hatte die 15er-Regel im Dezember eingeführt, um eine Verbreitung von Covid-19 zu verhindern. Am 20. Januar beschloss er vorübergehend eine Obergrenze von 5 Personen für Ansammlungen im öffentlichen Raum, die dann später wieder auf 15 erhöht wurde. Bern gehörte damit neben Zürich zu den Kantonen mit dem strengsten Demo-Regime. Zürich hat die Bestimmungen am Freitag ebenfalls gelockert, statt 15 dürfen sich jetzt auch im Kanton Zürich maximal 100 Personen versammeln.
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