Essen unter Tränen
Die Berlinerin Margot Wölk wurde als Vorkosterin Hitlers zwangsrekrutiert. Nun erzählt sie erstmals ihre Geschichte.

Vorkoster sitzen an der Tafel der Könige und Päpste, aber nur unsichtbar, als Versuchskaninchen am Katzentisch. Sie bekommen das beste Essen der Welt, aber jeder Bissen kann tödlich, jedes Abendmahl das letzte sein. Im antiken Rom, als Giftmorde zur politischen Folklore gehörten, waren die Prägustatoren und Mundschenke daher in aller Regel Sklaven. Inzwischen ist der lebensgefährliche Beruf so gut wie ausgestorben. Nur vereinzelt halten sich Despoten noch Vorkoster; wenn Präsident Obama mit einem zum Staatsbesuch nach Paris kommt, geht es mehr um Geschmacks- als um Giftproben. Die grossen Diktatoren des letzten Jahrhunderts dagegen konnten nicht auf klassische Prägustatoren verzichten.