Yellowstone-Nationalpark verwüstet«Es war ein Jahrtausendereignis – was immer das noch heisst»
Ein Unwetter hat den ältesten US-Nationalpark hart getroffen. Den ganzen Sommer werden Teile geschlossen bleiben. Anwohner bangen um ihre Existenz. Einer Klimaforscherin schwant Schlimmes.
Ein katastrophales Unwetter suchte vor gut einer Woche den Süden des US-Bundesstaats Montana heim. Sintflutartiger Regen und hohe Temperaturen führten zu Schneeschmelze, Überschwemmungen und Schlammlawinen. Strassen und Brücken wurden in den gurgelnden Fluten weggespült, Bäume stürzten um. Die gesamte nördliche Region des 150 Jahre alten Yellowstone-Nationalparks samt den Zufahrtswegen wurde verwüstet. «Es war ein Jahrtausendereignis», sagte Parkchef Cam Sholly dem «Standard». «Was immer das heutzutage noch heisst.»

10’000 Besucher mussten sich in Sicherheit bringen. Der weltberühmte Nationalpark mit seinen wilden Tieren, Schluchten und Geysiren wurde zunächst komplett geschlossen. Am Mittwoch nun soll der südliche Teil mit drei Zufahrten wieder eingeschränkt öffnen.
Doch der nördliche Bereich des Parks wird voraussichtlich den ganzen Sommer und möglicherweise länger geschlossen bleiben. Nach Angaben der Behörden könnte es Jahre dauern und mehr als eine Milliarde Dollar kosten, die Schäden in der ökologisch sensiblen Landschaft zu beheben.
Nun bangen die Bewohner rund um die Städte Gardiner und Red Lodge an den nördlichen Eingangspforten des Parks um ihre Zukunft. Alle 4 Millionen Besucher im Jahr müssen durch die kleinen Städte, die an die fünf Einfahrten in den Park angrenzen. Red Lodge ist sogar doppelt vom Unwetter betroffen. Teile der Stadt wurden ebenfalls überflutet. Die Bewohner werden nun durch Tanklaster mit Trinkwasser versorgt und müssen teils mobile Toiletten auf der Strasse benutzen.
Erst sei die Region von Corona getroffen worden, dann von der Flut, sagte Tim Weamer, der Marketingchef der örtlichen Handelskammer dem «Standard». In Anspielung auf die biblischen Plagen fügte er an: «Nun warten wir alle auf die Heuschrecken.»

Die Saison in Red Lodge ist kurz. «Du musst dein Geld im Sommer verdienen, damit du es schaffst, wenn die Rechnungen weiter kommen, aber keine Besucher mehr», sagte Café-Betreiber Chris Prindiville der AP. Mac Dean, der Besitzer des Yodeler-Motels, der sich aufgrund des Buchungsstands auf die beste Sommersaison seit der Übernahme vor 13 Jahren gefreut hatte, hofft nun auf staatliche Unterstützung. 13 Räume des Motels standen brusthoch unter Wasser. «Der Schaden ist katastrophal», sagt Dean. «Wenn wir keine Hilfe bekommen, werden wir es nicht schaffen.»

Die Forscher sorgen sich derweil über die Auswirkungen der offenbar zunehmenden Extremwettersituationen auf die US-Nationalparks. Im Joshua-Tree-Park in Kalifornien haben Hitze und Waldbrände viele Bäume zu Skeletten gemacht. Im Yellowstone ist aufgrund der steigenden Temperaturen offenbar mit einer früher einsetzenden Schneeschmelze und stärkeren Fluten zu rechnen.
«Als Mensch bin ich geschockt, als Wissenschafterin würde ich sagen, das stimmt komplett überein mit dem, was wir erwarten können, sagte Klimaforscherin Cathy Whitlock dem «National Geographic» über das Unwetter. Eigentlich wollte sie diesen Dienstag in Red Lodge einen Vortrag halten über die Auswirkungen des Klimawandels. Er wurde abgesagt – wegen der Überflutungen.

Teile des ältesten Nationalparks der USA dürften wegen der Hochwasserschäden für den Rest des Jahres geschlossen bleiben. Die Parkverwaltung erklärte, sie bemühe sich zwar um eine schnelle Reparatur der zerstörten Strassen. «Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Strassenabschnitte im nördlichen Yellowstone in dieser Saison nicht wieder geöffnet werden können.» Der Nationalpark und insbesondere der berühmte Geysir Old Faithful zogen im vergangenen Jahr mehr als 4,8 Millionen Besucher an.
nlu
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