Der Bund Essay-Preisverleihung am 2. Mai 2023Es ist eigentlich eine ganz einfache Sache
«Kommen Sie, gibt es einen Grund für ein bedingungsloses Grundeinkommen?» 72 Essays gaben Antworten auf diese Frage. Am 2. Mai 2023 findet die Preisverleihung statt.

Datum, Zeit und Ort der Preisverleihung
Lesungen und musikalische Begleitung des Blue Sphere Trios
Dienstag, 2. Mai 2023, 18.30 Uhr
Dampfzentrale Bern
Ihr carte blanche-Angebot
Mit Abo CHF 20.-
Ohne Abo CHF 30.-
bis 18 Jahre CHF 10.-
Vorverkauf
Online unter www.dampfzentrale.ch
Das Grundeinkommen sei eigentlich eine ganz einfache Sache, schreibt ein Essayist. «Es ist Existenzgeld. Es erkennt den Menschen um seiner selbst, um seiner Existenz willen an.» Vielleicht ist es fast zu einfach.
Während sich eine Jury des 17. Bund-Essay-Preises mit den 72 eingesandten Essays befasste und die drei besten Texte bestimmte, gab Ende Januar das Initiativkomitee den Abbruch der Volksinitiative «Leben in Würde – für ein finanzierbares bedingungsloses Grundeinkommen» bekannt. Trotz viel Zustimmung auf der Strasse werde die Sammlung leider scheitern, hiess es in einer Mitteilung des Initiativkomitees.
Ziel der Initiative war die Existenzsicherung für alle. Eine Verfassungsänderung sollte das Menschenrecht auf ein Leben in Würde und Selbstbestimmung garantieren. Die Höhe des Grundeinkommens hätte auf Gesetzesebene festgelegt werden müssen. Finanziert werden sollte es namentlich mit höheren Steuern aus dem Finanz- und Technologiesektor. Bereits 2016 war eine Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen an der Urne gescheitert.
Röbi Realo befürchtet, dass die Einführung eine noch grössere Spaltung der Gesellschaft bewirken und sich das Gute ins Gegenteil verkehren könnte.
Das bedingungslose Grundeinkommen bewegt allerdings die Menschen weiter, hat doch die Pandemie die Ungleichheit verstärkt. Unter den eingesandten Texten waren klassische Essays und Erörterungen, es gab aber auch Monologe und Theaterszenen.
So trafen sich in einem der eingereichten Texte ein Fredi Fundi und ein Röbi Realo zufällig auf der Strasse. Während Fredi Fundi sich als glühender Verfechter des bedingungslosen Grundeinkommens in Szene setzt, befürchtet Röbi Realo, dass die Einführung eine noch grössere Spaltung der Gesellschaft bewirken und sich so das erstrebte Gute ins Gegenteil verkehren könnte.
Auch eine andere Essayistin hegte Befürchtungen in dieser Richtung und notierte, dass diese «letzte Massnahme, um das kapitalistische System zu retten» am Ende wohl eine Polarisierung zwischen Erwerbsarbeitern und Bezügerinnen eines Grundeinkommens bewirken würde.
Eine Reihe von Texten befürwortete zwar grundsätzlich ein bedingungsloses Grundeinkommen, plädierte aber für gewisse Einschränkungen des Giesskannenprinzips: Sei es, dsass man ein Grundeinkommen an eine radikale Bodenreform koppelt, sei es, dass behinderte Menschen besonders davon profitieren sollten oder dass die Empfängerinnen und Empfänger des Grundeinkommens zivildienstliche Arbeiten leisten bzw. eine Weiterbildung in Angriff nehmen sollten.
Natürlich waren auch ablehnende und skeptische Stimmen zu vernehmen. Eine Essayistin fragte: «Aber, Moment einmal -, wenn der Mensch so edel und gut wäre, wie er von den Befürwortern des Bedingungslosen Grundeinkommens dargestellt wird, weshalb sorgen dann die Reichen nicht für die Armen, indem sie ihren Lebensstandard etwas herabsetzen?» In einem weiteren Text wurde der Standpunkt vertreten, wenn es sich bei der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens tatsächlich um eine gute Idee handeln sollte, dann werde sie zweifelsohne freiwillig aufgenommen: «Stellt sich heraus, dass es keine gute Idee ist, dann sollten wir sie nicht zur Bedingung machen.»
Wird so der Graben gekittet?
Mehrere Essays stellten auch die Richtigkeit der von den Befürwortern immer wieder angeführten Prognose in Frage, wonach Digitalisierung und Automatisierung in Zukunft unweigerlich zu Massenarbeitslosigkeit führen werden. Dass ein BGE den immer breiter werdenden Graben zwischen Arm und Reich kittet, der sich als Klage über eine zunehmend ungleiche Verteilung des angehäuften Reichtums quer durch unsere Gesellschaft zieht: Dieser Glauben ist in etlichen Essays unterschiedlich stark ausgeprägt.
Wer aber von der Realisierbarkeit dieser sozialen Utopie überzeugt ist, der kommt zum Schluss: «Wenn das mit der Einführung des Grundeinkommens geschehen kann, ist die Menschheit einen grossen sozialen Schritt weitergekommen. Und wenn der Zwang zur Arbeit wegfällt, dann werden wir eher den Mut finden, uns unserer eigenen (kontemplativen) Faulheit zu bedienen.»
Die drei prämierten Texte übrigens könnten in ihren Positionen unterschiedlicher nicht sein - einer davon schafft es sogar, gleichzeitig für und gegen das bedingungslose Grundeinkommen zu sein. Aber hören und lesen Sie selbst!
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