Berner Komponist Klaus Cornell gestorbenEr destillierte Klänge aus den Mythen von Indianerstämmen
Der Berner Komponist und Dirigent war ein experimentierfreudiger Suchender, der sich nicht von Modeströmungen leiten liess. Nun ist er 88-jährig in Konstanz gestorben.

«Das Leben auf Wanderschaft» lautete der Titel eines seiner Werke. 1994 wurde es in Salzburg erfolgreich uraufgeführt. Klaus Cornell, der gebürtige Berner, lebte damals in den USA, wo er sich von 1994 bis 2000 als freischaffender Komponist und Dirigent des Yaquina Orchestra niedergelassen hatte. Wie sein umfangreiches Werk so passte auch er in keine Schublade. Cornell war ein Individualist, ein Reisender und Suchender – im Leben und in der Musik. Beispielhaft zeigt dies die Doppel-CD, die letzte, die zu seinem 70. Geburtstag beim Musikverlag Müller & Schade erschienen ist.
Der Tonträger offenbart Cornell als begnadeten Erzähler, der seine klanglichen Inspirationen überall – in der Fantasie und im Alltag – findet: In «Oregon Trail» destilliert er Klänge aus der Einsamkeit und den Mythen der im Küstengebiet Oregons beheimateten Indianerstämme. Und im «Notebook for Strings» öffnete er ein imaginäres Fahrtenbuch, in dem er historische und geografische Bezüge mit persönlich gefärbten Reflexionen verknüpft. Cornell war ein Meister bildhafter Tondichtungen. Seine klangfarbige Musik löste Emotionen und immer wieder Begeisterung aus. Auch in Bern: Die Uraufführung von «Tcha-Ti-Man-Wi» durch das Berner Symphonie-Orchester und den Posaunisten Stanley Clark als Solist wurde für den Komponisten zum umjubelten Heimspiel.
Ein Romantiker, der nie stehen blieb
In seiner musikalischen Neugierde und Kreativität zeigte sich Klaus Cornell offen, doch beständig. Wie ein Maler seine Leinwand im immer gleichen Ritual mit einer Grundfarbe vorbereitet, so ging er bei der Inszenierung seiner Kompositionen vor, die ebenso sinnlich-suggestiv klingen konnten oder mit einem heiter-ironischen Unterton. Gern liess der Tonschöpfer in seinen Werken die Streicher einen ruhelosen Klangstrom in unterschiedlichen Texturen auslegen und zog dann daraus feinste Melodien, kokette Pizzicato-Liedchen oder charakterstarke Soli. Stehen geblieben ist der Romantiker Cornell aber nicht. Der Berner war experimentierfreudig und liess sich in seinem umfangreichen Werk – er schrieb Konzerte, Kammermusik, Oratorien, Ballette und Opern – auch von Geräuschballungen inspirieren. Dass er auch elektronische Klangerzeugungen in seine Kompositionen einbaute, hatte einen guten Grund: Cornell brachte in den 1970er-Jahren aus Hamburg einen Synthesizer mit – den ersten in der Schweiz.
«Cornell brachte in den 1970er-Jahren aus Hamburg einen Synthesizer mit – den ersten in der Schweiz.»
Studiert hat Klaus Cornell am Konservatorium und an der Universität Bern, später auch am Mozarteum Salzburg (unter anderem bei Sandor Veress). 1955 wurde er mit dem Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. Bis 1960 war er Kapellmeister und Schauspielkomponist in Basel und Hamburg. Von 1961 bis 1983 arbeitete er beim Schweizer Radio, dirigierte die Berner Radio-Oper und das Kammerensemble sowie das Radio-Sinfonie-Orchester. Er leitete das Orchestre de Chambre Romand de Bern und prägte als Dirigent während 16 Jahren das Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester. Seine letzten Lebensjahre lebte und arbeitete er in München und Konstanz. Dort ist Klaus Cornell am 12. März – wie erst jetzt bekannt geworden ist – im Alter von 88 Jahren verstorben.

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