
Der Spruch stammt aus seinem früheren Leben: «Wir bleiben unzufrieden.» Als Christian Bobst in Berlin bei der Werbeagentur Jung von Matt arbeitete, erhielten die Angestellten ein eisernes Amulett mit diesem eingeprägten Satz. Eine stetige Erinnerung daran, dass man nie beim Mittelmass stehen bleiben darf, wenn man es in der Werbung an die Spitze (und zur Prominenz und zum grossen Geld) schaffen will. «Das ist Spitzensport», sagte der Texter, der Bobst zugeteilt war. Entsprechend schwitzte der Mann beim Hämmern auf seiner Tastatur. Die Chemie stimmte nicht. Aber dann, im zweiten Jahr in Berlin, startete Bobst durch. Er wurde als Artdirector erfolgreich in diesem Spitzensport. In der Schweiz hat er ebenfalls Kampagnen geprägt, die jedes Kind kennt.
Auch heute arbeitet Bobst noch in der Werbung, als Freelancer. Bekannter ist der 46-jährige Zürcher indes als Reportagefotograf. Aber: «Ich wäre wahnsinnig, wenn ich allein auf die Fotografie setzen würde.» Die Werbung sichert ein Grundeinkommen, das ihn als Fotograf unabhängig macht von den Launen und vom Preisdruck bei den Zeitschriften. Es erlaubt ihm, ganz genau so zu fotografieren, wie er sich das vorstellt – geduldig, mit langem Atem.
«In der Werbung ist alles bis ins letzte Detail arrangiert, das Bild steht fest, lange bevor der Fotograf abdrückt.» Und nachher werden die Bilder bearbeitet, es kommt vor, dass andere Hände hineinmontiert werden – bis das Ergebnis hundertprozentig den ursprünglichen Vorstellungen entspricht. Aber auch flach wirkt, entseelt.
Bobst reizt an der Fotoreportage, dass er genau umgekehrt vorgehen kann: Er macht sich selber unsichtbar, lässt die Dinge sich entwickeln, beobachtet, sucht sorgfältig seine Position, wartet, manchmal Stunden. «Wenn Magie entsteht, spürt man das!», sagt Bobst. «Und es ist gar nicht so esoterisch, wie es tönt.»
Seine Arbeitsweise hat Bobst erlaubt, die zuvor schon tausendfach abgelichteten traditionellen Ringkämpfer in Senegal in ein neues Licht zu rücken und damit Aufsehen zu erregen. Die Reportage brachte ihm auch den hoch angesehenen World Press Photo Award ein.
Nach Senegal zieht es Bobst nun für sein aktuelles Projekt zurück. Diesmal widmet er sich dem Islam, der in dem westafrikanischen Land ein ganz anderes Gesicht hat als das, was man bei uns zu kennen glaubt. Der wahre Jihad ist für die in Senegal tonangebenden Anhänger des Sufi-Islam der Krieg ums Heil der eigenen Seele. Christian Bobst kann dazu schon einige Bilder vorweisen. Aber er wird noch mehrere Male zurückreisen müssen. Er bleibt unzufrieden.
Christian Bobst spricht heute, 20 Uhr, an der Photo 18 in Oerlikon über seine Arbeit (Photo18.ch). In der Photobastei zeigt er ab Donnerstag, 18. Januar, eine grössere Auswahl neuer Bilder (photobastei.ch).
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Er bleibt unzufrieden
Der hochdekorierte Fotograf Christian Bobst tritt in Zürich auf.