Entwickeln – und doch bewahren
Frauenkappelen grenzt zwar an Bern, wird in der Agglomeration aber kaum wahrgenommen. Die Gemeinde sieht das aber nicht nur als Nachteil: Sie will sich als ländliches Wohnidyll nahe von Westside, Tscharnergut und Gäbelbach anpreisen. Das Wachstum soll aber nur sanft erfolgen.

Frauenkappelen hat nichts, aber auch gar nichts Städtisches. Das ist nicht selbstverständlich, liegen doch beispielsweise das neue Einkaufszentrum Westside und die turmhohen Wohnblöcke im Gäbelbach weniger als drei Kilometer vom Dorfzentrum entfernt. Nicht einmal erblicken kann man die Stadt Bern, obwohl Frauenkappelen rund hundert Meter über Bern auf einem Molassehügel liegt. Die spezielle Topografie «schirmt» das Dorf gegen die Stadt ab.Die Natur prägt die Gemeinde«Wer zu uns kommt, kommt ins Grüne», sagt Cristoforo Motta (freie wähler), seit vier Jahren Gemeindepräsident von Frauenkappelen. Recht hat er. Mit den grossen landwirtschaftlichen Flächen, den Wäldern, dem Wohlensee an der nördlichen Gemeindegrenze und dem Gäbelbachtäli an der südlichen ist Frauenkappelen eine naturgeprägte Gemeinde, die getrost als Naherholungsgebiet bezeichnet werden darf. Der Dorfkern mit schönen Bauernhäusern und einem Dorfschmied an der Kantonsstrasse vermittelt ebenfalls ländliches Idyll.Interessant: Obwohl die Gemeinde Frauenkappelen an Bern angrenzt, wird sie in der Agglomeration kaum wahrgenommen. Muri, Ostermundigen, Köniz und andere kennt man – aber Frauenkappelen? Motta sieht zwei Gründe für diesen Umstand: Erstens führe kein wichtiger Verkehrsweg durch das Dorf, zweitens sei es wegen eines Grüngürtels etwas abgesetzt vom städtischen Siedlungsgebiet.Den Dorfcharakter erhaltenDass Frauenkappelen nicht breit wahrgenommen wird, erachtet Motta aber nicht nur als Nachteil. Die Gemeinde hat in den vergangenen Jahrzehnten im Gegensatz zu anderen Agglomerationsgemeinden kein heftiges, wildes Wachstum erfahren, sondern hat seinen ländlichen Dorfcharakter trotz sanfter Entwicklung erhalten können. Nun will die Gemeinde einen – wenn auch kleinen – Schritt weitergehen. Im Rahmen der im vergangenen August präsentierten Ortsplanungsrevision schlug der Gemeinderat vor, die Gebiete «Hübeli», «Matte» und «Dorfeingang West» einzuzonen und gesamthaft rund 200 Wohnungen zu erstellen. In der Mitwirkung kam jedoch deutlich zum Vorschein, dass zu viel Entwicklung des Frauenkappelers Ding nicht ist. 50 Prozent der Mitwirkenden sprachen sich gegen die Zone mit Planungspflicht (ZPP) «Hübeli» aus. Der Gemeinderat nahm das Zeichen ernst und kippte das «Hübeli» aus der laufenden Revision. Motta hat Verständnis für die Reaktionen aus der Bevölkerung. «Trotz einer gewissen Entwicklung muss man die Qualitäten Frauenkappelens unbedingt erhalten. Baut man zu viel, verliert man diese Qualitäten.» Motta erinnert in diesem Zusammenhang an einen der Leitsätze des Gemeinderats:«Frauenkappelen ist eine Wohngemeinde mit ländlichem Charakter.»Durch den Wegfall der ZPP «Hübeli» werden nun nur noch 4,5 statt 6,5 Hektaren eingezont. Gebaut wird im Gebiet «Hübeli» dennoch: Ausserhalb der ZPP sollen einige Ein- und Zweifamilienhäuser entstehen.Suche nach besserer MischungWarum überhaupt eine Entwicklung? Schliesslich wurde in einer Studie das Fazit gezogen, dass sich Frauenkappelen aus finanzieller Sicht ein Nullwachstum leisten könnte. Motta nennt zwei Gründe, weshalb eingezont werden soll. «Erstens wollen wir Frauenkappelen nicht zum Altersheim werden lassen», erklärt er. In der Gemeinde finde eine Überalterung statt, die Zahl der Schüler werde in den nächsten drei Jahren stark abnehmen, von 85 auf unter 60. Es drohe die Schliessung eines weiteren Schulhauses, womit dann nur noch eines übrig wäre. Deshalb wolle man in Frauenkappelen für eine bessere Altersdurchmischung sorgen, sagt Motta, doch er hat eine Befürchtung: Die neuen Wohnungen könnten für Familien zu teuer sein. In den Gebieten «Matte» und «Dorfeingang West» sollen nämlich qualitativ hochstehende Wohnungen angeboten werden. Entsprechend steht die Überbauung «Matte» unter dem Motto «Wohnen im Park». Von Westside profitierenDer zweite Grund für den bevorstehenden Entwicklungsschritt ist Westside. «Wir gehen davon aus, dass durch die Anziehungskraft von Westside ein gewisser Druck auf Frauenkappelen entsteht», sagt Motta. Frauenkappelen werde aufgrund der häufigeren Durchfahrten bekannter werden, ländlicher Wohnraum nahe am städtischen Westside-Gebiet werde sicher gefragt sein. «Wir wollen eine Antwort bereit haben, wenn dieser Druck entsteht, und nicht erst unter Druck reagieren», erklärt Motta.Gebaut wird in Frauenkappelen schon heute, und zwar mitten im Dorfzentrum. Zwei Mehrfamilienhäuser fehlen noch, andere sind bereits gebaut. Neu und Alt sind im Zentrum dicht beieinander. Das gefällt Motta. «Wir sind schliesslich eine moderne und aufgeschlossene Gemeinde», sagt er.
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