Eine Kerze für dunkle Gestalten
Diese Kolumne war bisher selten ironiefrei. Über die Geschenke, die hier verteilt werden, können sich die Adressaten kaum freuen. Das ist nicht Programm, sondern liegt wohl eher daran, dass Journalisten an sich selten ironiefreie Menschen sind. Heute soll das anders sein. Grund dafür ist das Kinderbuch «Die vier Lichter des Hirten Simon», das der Autor kürzlich im Estrich entdeckte. Der Hirtenjunge Simon trägt die Verantwortung für das kleinste Lamm in der Herde, doch es läuft davon. Simon muss es suchen gehen, Hirte Jakob gibt ihm eine Laterne mit vier Lichtern mit auf den Weg. Auf seiner Suche begegnet Simon dunklen Gestalten: einem Dieb, einem Wolf und einem Bettler. Simon überwindet seine Angst und schenkt ihnen je eines seiner Lichter. Schliesslich findet er sein Lamm an der Krippe des Christuskindes. Wenn es die Vorweihnachtszeit nicht mehr schafft, uns besinnlich werden zu lassen, dieses Buch kann es. Aber was ist eigentlich daran so schlimm, mal den inneren Gutmenschen vom Estrich zu holen? Warum sich nicht darauf besinnen, dass jeder Mensch beides in sich trägt: Gutes und Böses. Bei manchen mag das Schlechte etwas offensichtlicher sein, bei denen, die wir als Diebe, Wölfe oder Bettler empfinden. Aber vielleicht würden wir bei den meisten von ihnen guten Willen entdecken, wenn wir uns ihnen für einmal ohne Furcht und Ablehnung näherten, um ihnen bloss ein Kerzlein zu schenken.
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