Eine Initiative, die den Grossen Rat entzweit
Der Grosse Rat wird erst am Dienstag entscheiden, ob er die Reitschulinitiative der JSVP für gültig oder ungültig erklärt.
Es ist eine knifflige Aufgabe für den Grossen Rat: Er muss entscheiden, ob die Reitschulinitiative der Jungen SVP gültig ist oder nicht. Oder ob es, anders gesagt, verantwortbar ist, das Begehren dem Stimmvolk vorzulegen. Der Entscheid wird heute Vormittag fallen.
Aufgrund der Debatte, die gestern Nachmittag zwei Stunden dauerte und sehr angeregt verlief, lässt sich keine zuverlässige Prognose abgeben. Ausgehend von den Fraktionsparolen dürfte die Initiative durchfallen – nur die SVP, die FDP und die EDU sind klar dafür, sie für gültig zu erklären. Normalerweise reicht es aber nicht, wenn die BDP nicht mitmacht. Allerdings sind in zahlreichen Fraktionen Abweichler zu erwarten.
Initiant Erich Hess, SVP-Stadt- und Nationalrat und ehemaliger Grossrat, verfolgte die Debatte gestern von der Zuschauertribüne aus. «Nachdem ich die Voten der Fraktionen gehört habe, befürchte ich, dass wir mit ungefähr zehn Stimmen Differenz unterliegen werden», sagte er dem «Bund». Für diesen Fall aber haben sich die Initianten bereits vorbereitet. Es sei «alles in die Wege geleitet» für den Gang vor Bundesgericht, sagte Hess.
Gestern ging es also einzig und allein um die Frage der Gültigkeit der Initiative und nicht um die Frage, ob der Grosse Rat das Begehren unterstützt oder ablehnt. Dass dies zwei verschiedene Dinge sind, brachte Stefan Costa (FDP, Langenthal) zum Ausdruck: In der FDP-Fraktion sei eine deutliche Mehrheit bereit, die Initiative für gültig zu erklären – «das heisst aber nicht, dass ein grosser Teil der Fraktion inhaltlich dafür ist.»
Vorwurf der Willkür
Klar ist, dass es durchaus Initiativen gibt, über die nicht abgestimmt werden darf – wenn sie etwa gegen übergeordnetes Recht verstossen. In der Praxis ist es aber meistens schwierig, bei solchen Initiativen eine klare Grenze zu ziehen. Oft kommt dann der Grundsatz «im Zweifel für das Volk» zum Tragen.
Patrick Freudiger (SVP, Langenthal) warf dem Regierungsrat Willkür vor. Dieser sei bloss deshalb dafür, die Initiative durch den Grossen Rat für ungültig erklären zu lassen, weil sie im Volk gute Chancen hätte. Freudiger sprach die beiden Gutachten an, die verfasst wurden. Weil die Autoren zu unterschiedlichen Schlüssen gekommen seien, liege offensichtlich ein Zweifelsfall vor. «Darum kann man gar nicht anders, als die Initiative für gültig zu erklären.» Er beantragte, der Regierungsrat solle sich auf der Basis der beiden Gutachten nochmals mit der Initiative befassen.
«Man kann gar nicht anders, als die Initiative für gültig zu erklären.»
Das sahen längst nicht alle so – der Antrag scheiterte schliesslich mit 101 gegen 50 Stimmen: Jakob Etter (BDP, Treiten) sagte, man könnte «das Spiel» mit den Gutachten noch lange fortsetzen. «Aber schliesslich müssen wir das entscheiden – wir können das nicht an Professoren delegieren.» Etter sagte, die Initiative verstosse gegen das Gebot der Rechtsgleichheit und stelle einen starken Eingriff in die Autonomie der Stadt Bern dar.
Der Grosse Rat müsse die Verantwortung übernehmen und die Initiative für ungültig erklären – sonst schiebe man das Problem auf das Stimmvolk ab. Barbara Streit-Stettler (EVP, Bern) argumentierte ähnlich. In diesem Fall gehe es darum, Verantwortung zu übernehmen. «Es ist an uns, das Initiativrecht zu schützen.»
Wenn man über eine Initiative abstimmen lasse, die nicht anwendbar sei, werde eines der wertvollsten politischen Instrumente entwertet. «Wenn wir sie für gültig erklären, öffnen wir Tür und Tor für weitere solche Einzelfallinitiativen», sagte sie.
«Durch und durch korrekt»
Regierungspräsidentin Beatrice Simon (BDP) wies den Vorwurf, der Regierungsrat habe willkürlich gehandelt, zurück. Sie sprach von einem «durch und durch korrekten Verfahren».
Patrick Freudiger wiederum ging auf den Vorwurf ein, es handle sich um eine Einzelfallinitiative: Die Reitschule biete immer wieder Extremisten Unterschlupf, sagte er. «Das ist die Realität – das ist nun einmal kantonal einmalig.»
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