Nachruf auf Lorenz MartiEin Sensorium für die «Spiritualität des Alltags»
Der Berner Schriftsteller und Publizist Lorenz Marti ist 68-jährig gestorben. Sein Werk war beseelt von der Liebe zum Dasein.

«Wir sind alle Mystiker», hat Lorenz Marti einmal staunend festgestellt. In seinem 2012 erschienenen Buch «Eine Handvoll Sternenstaub» lädt der Berner Schriftsteller und Journalist zu einer kosmisch dimensionierten, im besten Sinne beschwingten Reise in 52 Etappen zu Geheimnissen menschlicher Existenz. Vom Urknall über die Evolution bis zum Quantenkosmos fasst er das Wissen des Menschen anschaulich zusammen, lässt Nobelpreisträger, Philosophen und Dichter zu Wort kommen und uns immer wieder staunen angesichts der nie versiegenden Mysterien der Schöpfung.
«Der Weg geht weiter»
Der Sohn des 2017 verstorbenen Pfarrers und Schriftstellers Kurt Marti entdeckte nach eigenen Angaben schon früh das Schreiben – zuerst seien es wilde Geschichten gewesen, später etwas weniger wilde Geschichten für Tagespresse und Zeitungen. Der studierte Historiker arbeitete im Brotberuf von 1977 bis 2012 als Religions-Redaktor beim Schweizer Radio, als Autor bekannt wurde er als Kolumnist für die Zeitschrift «reformiert». In seinen Büchern (»Der innere Kompass», «Wie schnürt ein Mystiker seine Schuhe», «Übrigens, das Leben ist schön») fragte er nach der Bedeutung philosophischer und religiöser Weisheiten für das tägliche Leben, ein besonderes Interesse galt der Verbindung zwischen Naturwissenschaft und Spiritualität.
In seinem letzten, 2019 veröffentlichten Buch («Türen auf. Spiritualität für freie Geister») skizzierte Lorenz Marti Wege für Menschen, die sich von ihrer Tradition inspirieren, aber nicht einengen lassen wollen Ein gelassener Blick auf die Religion der Herkunft verband sich darin mit dem Mut zum Aufbruch ins Ungewisse. Schon im Buch «Eine Handvoll Sternenstaub» hat Marti mit Blick auf jenen mysteriösen Punkt vor 14 Milliarden Jahren, mit dem das Universum begann und der auch heute in Atomen, Pflanzen, Tieren und Menschen allgegenwärtig ist, den «Hauptverdächtigen» für den Part der «geheimnisvollen Urkraft dieser Welt» genannt: die Liebe.
Lorenz Marti versuchte in seinen stets zugänglichen und ja, von einer Liebe zum Dasein bestimmten Büchern, die grossen Fragen und den täglichen Kleinkram gemeinsam in Schwingung zu bringen. «Der Weg geht weiter, und ich bin gespannt, wohin er mich führt»: Mit diesen Worten hat Lorenz Marti Angaben zu seiner Biografie gerne abgeschlossen. Jetzt ist der 68-Jährige laut Todesanzeige «am Ende eines schönen Tages» unerwartet aus dem Leben gerissen worden.
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