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Berner Stadtpräsident zur Bund-BZ-Fusion - «Ein schwarzer Tag für den Medienplatz Bern»
Berner Stadtpräsident zur Bund-BZ-Fusion – «Ein schwarzer Tag für den Medienplatz Bern»
Alec von Graffenried kritisiert die Tamedia-Politik für den Medienplatz Bern mit ungewöhnlich scharfen Worten. Dazu kommen weitere kritische Reaktionen.
pd/db
Immer weniger Mikrofone an den Medienkonferenzen: Stadtpräsident Alec von Graffenried bedauert den Entscheid von Tamedia.
Manuel Zingg (Archiv)
Stadtpräsident Alec von Graffenried sei «verärgert» über den Entscheid von Tamedia, die Redaktionen von «Bund» und «Berner Zeitung» zusammenzulegen. Dies teilt die Stadt Bern am Donnerstagmittag mit. Von Graffenried wird mit den Worten zitiert: «Das ist ein schwarzer Tag für den Medienplatz Bern.» Damit werde die für das Funktionieren einer Demokratie unabdingbare Meinungs- und Medienvielfalt in der Hauptstadtregion beträchtlich geschwächt.
Von Graffenried zeigt sich weiter «sehr besorgt» über den angekündigten Stellenabbau von 20 Vollzeitstellen. Die beiden Tageszeitungen seien bisher als Leitmedien für die Meinungsbildung in der Hauptstadt der Schweiz von grosser Bedeutung gewesen. Der publizistische Wettbewerb zweier Redaktionen habe eine differenzierte, kritische und unabhängige öffentliche Debatte gewährleistet. Zudem habe die Konkurrenzsituation auch die Berichterstattung anderer Medien befruchtet. Dies sei gemäss von Graffenried von der Bevölkerung und den Institutionen immer anerkannt worden.
«Verarmung der Medienvielfalt»
Mit dem Abschied vom «Berner Modell» habe Tamedia gemäss von Graffenried «die eigenen wirtschaftlichen Interessen höher gewichtet als ihre medienpolitische Verantwortung», heisst es weiter in der Mitteilung. Der Stadtpräsident bedaure das. Damit habe das Medienhaus Goodwill verspielt. Von Graffenried habe bis zuletzt auf kreativere Lösungen aus dem Hause Tamedia gehofft, «um ein Minimum an publizistischer Konkurrenz zu gewährleisten». Für den Stadtpräsidenten sei klar: «Die Einheitsredaktion führt zu einer Schwächung des Wettstreits der Meinungen und zu einer Verarmung der Medienvielfalt in Bern.» Der Verzicht auf interne journalistische Konkurrenz verunmögliche es, kontroverse Fragen aus mehreren Perspektiven zu beleuchten und die Vielfalt der Positionen und Argumente in der Berichterstattung abzubilden.
«Trend zum Boulevard-Journalismus»
Kritisch beurteilt der Stadtpräsident gemäss Communiqué auch die Stossrichtung, wonach sich die Redaktion künftig auf jene lokalen Themen konzentrieren soll, die von überregionalem Interesse seien. «Das hat nicht mehr viel mit Lokaljournalismus zu tun», so Alec von Graffenried. Was die Menschen in Stadt und Region bewege, sei nicht unbedingt das, was national am meisten Klicks generiere. Mit dieser Ausrichtung verstärke sich «der bereits heute besorgniserregende Trend zum Boulevard-Journalismus».
«Tamedia hat die eigenen wirtschaftlichen Interessen höher gewichtet als die medienpolitische Verantwortung.»
Alec von Graffenried, Stadtpräsident von Bern.
Von Graffenried appelliert in der Mitteilung der Stadt Bern an die soziale Verantwortung des Unternehmens. Die Zahl der Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz verlören, sei beträchtlich. Er fordere Tamedia daher auf, den Abbau zu staffeln und über die natürliche Fluktuation aufzufangen, oder zumindest sozialverträgliche Lösungen für die Betroffenen zu finden und einen grosszügigen Sozialplan auszuarbeiten, zumal der Konzern jahrelang Gewinne erwirtschaftet habe und über finanzielle Reserven verfüge.
«Medienförderung ist nötig»
Gemäss Alec von Graffenried zeigten die jüngsten Entwicklungen erneut, dass die Geschäftsmodelle der traditionellen Massenmedien überholt seien. Er begrüsse deshalb Initiativen, welche die nun entstehende Lücke mit neuen Formaten zu schliessen versuchten. Dennoch sei es zwingend, neue Wege zu gehen. «Für die Stadtregierung ist klar, dass es eine staatliche Medienförderung braucht.»
Der Berner Gemeinderat plädiere schon seit einigen Jahren für dieses Anliegen. Da sich Medienvielfalt nur bedingt kleinräumig organisieren und finanzieren lasse, sehe der Stadtpräsident hier in erster Linie die Bundesbehörden in der Pflicht, steht in der Mitteilung. Sofern auf Bundesebene die nötigen rechtlichen Grundlagen geschaffen würden, sei auch eine Medienförderung vorstellbar, indem die Produktion auch von lokalen und regionalen Nachrichten durch die Nachrichtenagentur SDA mitfinanziert werde.
Handlungsbedarf ortet von Graffenried weiter bei der SRG, also bei Radio und Fernsehen. Mit dem Rückzug der privaten Medien aus dem lokalen und regionalen Raum sei es wichtiger denn je, dass die SRG als öffentliches Medienhaus in die Lücke springe und ihr lokal- und regionaljournalistisches Angebot im Online- und im Radiobereich pflege und gegebenenfalls ausweite.