Ein Leuchtturm fürs Centre Culturel Suisse
Mit dem ersten Veranstaltungsprogramm der neuen Ko-Leitung Jean-Paul Felley und Olivier Kaeser nimmt das Centre Culturel Suisse in Paris einen neuen Anlauf.
Im Centre Culturel Suisse (CCS) von Paris endet die lange Übergangsperiode seit dem Tod des früheren Leiters, Michel Ritter, im Mai 2007. Ein Duo, bestehend aus den beiden Genfer Kunsthistorikern Jean-Paul Felley (42) und Olivier Kaeser (45), übernahm offiziell schon im letzten Herbst die Führung. Doch erst mit ihrem ersten eigenen Programm weiss man nun, was die beiden für die neue Ära vorhaben. Ihr Veranstaltungskalender ist ihre Visitenkarte und ihr Manifest. Kaeser und Felley verglichen an ihrer Antrittspressekonferenz ihre Konzeption mit Hochseilakrobatik: «Wir arbeiten gern ohne Netz.» Das CCS ist für sie also kein Vitrine für sichere Werte auf dem Markt, für bereits Bewährtes und Bestandenes, sondern ein Ort der Kreativität und der Auseinandersetzung mit aktueller Produktion in «real time», eine pluridisziplinäre und interaktive «Plattform».Kulturelle PasserelleAngeblich auf vielfachen Wunsch initiierten Felley und Kaeser einen «Verein der Freunde des CCS». Druckfrisch riecht das neue Magazin des CCS mit dem Titel «le phare». Diese Metapher vom Leuchtturm drängte sich fast auf: Im Marais, im Herzen der Kulturhauptstadt Paris angesiedelt, soll das CCS laut Editorial ein «Orientierungspunkt der Kulturschaffenden» der Schweiz und Frankreichs sein und so seiner Funktion als kulturelle «Passerelle zwischen zwei Nachbarländern» gerecht werden. Dass das CCS eine einzigartige Institution ist, rief Pro-Helvetia-Präsident Mario Annoni in Paris in Erinnerung. Im Unterschied zu den beiden Zentren in New York und Rom wird das CCS exklusiv von Pro Helvetia mit einem Jahresbudget von zwei Millionen Franken finanziert. Mit rund einer Million jährlich unterstützt die Stiftung die anderen zahlreichen kulturellen Veranstaltungen in Frankreich.Vor Kritik oder gar Anfeindungen, wie sie das CCS anlässlich der provokativen Ausstellung von Thomas Hirschhorn 2004 erlebt hat, fürchtet sich die neue Leitung nicht. Dass gewisse zeitgenössische Werke auf Perplexität oder Unverständnis stossen, sei erstens keine schweizerische Spezialität. Zweitens sei es nicht verwunderlich, dass die Werke von Künstlern, die mit ihrer Kreativität Neuland betreten, öfters als Provokation empfunden werden. Nicht zuletzt weiss das Duo – gerade wegen der kulturpolitischen Kraftprobe von 2004 – die Leitung von Pro Helvetia hinter sich. Pius Knüsel, der Direktor dieser Stiftung zur Förderung der schweizerischen Kultur im Ausland, wünscht sich zwar ausdrücklich keine zweite «Hirschhorn-Affäre», er meint aber: «Diese Polemik hat eines geklärt: Kultur ist für uns nicht ein staatliches Propagandainstrument. Dieser Skandal hat uns darum letztlich den Rücken gestärkt.»«Es war einmal die Erde»Dank ihrer langjährigen Erfahrung als Organisatoren von Veranstaltungen ihrer Vereinigung Attitudes in Genf und anderen Schweizer Städten verfügen Felley und Kaeser über die nötigen Kontakte zu Vertretern der Kunstszene auf beiden Seiten der Grenze, um bereits mehrere Programme im Voraus zu planen. Den Auftakt machen die beiden mit einer Ausstellung der beiden Zürcher Andres Lutz und Anders Guggisberg. Die Skulpturen und die mit Gips verschnörkelten Figuren des Duos nehmen die Räumlichkeiten des CCS mit Ironie in Beschlag: «Es war einmal die Erde» lautet der Titel der monumentalen Maquette einer apokalyptischen urbanen Landschaft, die vom eigentlichen Ausstellungsraum im ersten Stock überbordend als gestaltete Bildwand bis ins Entrée hinabreicht.Von der Vielfalt des schweizerischen Kulturschaffens zeugen die Veranstaltungen der ersten Saison: Unter anderen wird eine Diskussionsreihe um den Dokumentarfilm «La Forteresse» von Fernand Melgar durchgeführt und eine Ausstellung mit Debatten über Architektur in Zürcher Wohnquartieren eingerichtet.Das Centre befindet sich an der Rue des Francs-Bourgeois Nr. 38.
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