Schwingen in KirchbergEin Hundertjähriger und seine «gute Fee»
Der Schwingklub Kirchberg organisiert das «Oberaargauische» und feiert Jubiläum. Mittendrin ist Katharina Kropf. Sie chauffierte so manchen zukünftigen Spitzenschwinger.

Sie ist bekannt in der Schwingerszene. Seit über 30 Jahren ist Katharina Kropf aus Niederösch, von allen nur Käthi genannt, fester Bestandteil des Schwingklubs Kirchberg.
Auch am Jubiläumsanlass «100 Jahre Schwingklub Kirchberg», der am Pfingstsonntag stattfindet, wird sie die Ehrengäste bewirten. In Kirchberg wird jedoch über Pfingsten nicht nur gefeiert, sondern auch geschwungen.
Am Samstag findet das Oberaargauische Schwingfest statt. Die Trägervereine sind der Schwingklub Kirchberg, der FC Kirchberg, die Hornussergesellschaft, der Leichtathletikclub sowie der Turnverein und das Schützenchörli Kirchberg. Am dritten Tag, am Montag, greift dann der Nachwuchs zusammen.
Die Mutter als «Doping-Grosi»
Doch zurück zu Katharina Kropf. Angefangen hat sie als Chauffeuse vor rund 30 Jahren: Mit einem vom Club gemieteten 17-Plätze-Bus fuhr sie die Jungschwinger an die Wettkämpfe. Treffpunkt war jeweils der Schulhausplatz in Kirchberg.
Pro Saison war sie bis zu 15-mal mit einem Fahrzeug voller Jungschwinger im Alter zwischen 8 und 16 Jahren unterwegs. Stets dabei auch die Eltern von Katharina Kropf. So war immer jemand bei den Buben, wenn sie zum Beispiel ins Kampfgerichtsbüro gehen musste, um Ersatzschuhe zu organisieren, weil einer der Jungs nur die Schnürsenkel eingepackt hatte.
Auch musste sie zweimal in ihrer Karriere mit einem Verletzten ins Spital fahren. «Ohne meine Eltern wäre es nicht gegangen», sagt die heute 60-Jährige und fügt hinzu, dass die Buben ihre Mutter «Doping-Grosi» genannt haben. «Sie gab ihnen immer Traubenzucker.»
Falsche Strasse genommen
Auch schildert Katharina Kropf auf lebendige Art, und lacht dabei über sich selbst, was ihr einst am Brünigschwinget passierte. «Ich war noch nie dort und kannte den Weg nicht.» Die Jungs haben sie ermutigt, ein schmales Strässchen hinaufzufahren, und so landeten sie mitten auf dem Festplatz. Wenden unmöglich. Die Jungschwinger mussten die Bänke zur Seite räumen, und ein Bekannter vor Ort, ein Lastwagenchauffeur, hat Katharina Kropf dann das Fahrzeug gewendet.
Auch Remo Käser und seine Ziege sind ihr in guter Erinnerung geblieben. Es war an einem Schwingfest im oberländischen Boltigen, als der damalige Jungschwinger eine Geiss gewann. «Ich war nicht begeistert und fragte ihn, wie er sich den Transport vorstelle.»
Wahrscheinlich habe sie etwas laut gesprochen, denn plötzlich habe ihr der Dorfpolizist auf die Schultern getippt. Er sagte, er leihe ihr eine Wanne, diese könne sie dann in Kirchberg beim Polizeiposten abgeben.

Also wurde die Wanne samt Ziege in den Kleinbus verladen. Bei der Ankunft auf dem Schulhausplatz in Kirchberg staunte Remos Vater, Adrian Käser, Schwingerkönig 1989 sowie Ehren- und Vorstandsmitglied des Schwingklubs Kirchberg, nicht schlecht. Er konnte die Geiss nicht in seinen PW verladen, also brachte Katharina Kropf das Tier mit dem Bus zu Käsers. Übrigens, Adrian Käser war bei der Krönung zum König 18 Jahre und gilt bis heute als der jüngste Schwingerkönig aller Zeiten.
Hart trainiert
Zu den Jungschwingern, die Katharina Kropf chauffiert hat, gehörte damals auch Matthias Sempach (106 Kränze), Schwingerkönig 2013 und Kilchbergsieger 2014. Ebenso sein Bruder, Stefan Sempach (20 Kränze) wie auch Stephan von Büren (bisher 18 Kränze) und die drei Söhne von Katharina Kropf – Thomas, Marcel (beides Kranzschwinger) und Christoph. «Allesamt waren sie ehrgeizig, haben hart und diszipliniert trainiert», erinnert sich Katharina Kropf.
Men Wälti, Präsident des Schwingklubs Kirchberg pflichtet ihr bei. «Matthias Sempach und andere Spitzenschwinger hatten sogar zusammen einen Fitnessraum gemietet, wo jeweils der ganze Club ausserhalb des Sägemehls trainiert hat.»

Bei so viel talentierten Schwingern erstaunt es nicht, dass der Schwingklub den Ruf einer Talentschmiede hat. Und ein Blick in die 100-jährige Geschichte zeigt, dass etliche erfolgreiche Schwinger aus dem Club hervorgegangen sind. Insgesamt haben seit der Gründung acht Mitglieder nationale Titel/Siege gewonnen bzw. erschwungen (siehe Kasten). So zum Beispiel in den 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahren Niklaus und Peter Gasser: Sie holten sechsmal eidgenössisches Eichenlaub. Hansueli Gasser und Hans Stucki gelang dies fünfmal.
«Wir betreiben eine sehr gute Nachwuchsförderung, die Aktivschwinger geben ihr Fachwissen gerne weiter», kommentiert Men Wälti die heutige Situation. «Einen wichtigen Anteil hat Trainer Fritz Flühmann, der jeden Dienstag die Jungschwinger trainiert.» Flühmann ist zweifacher eidgenössischer Kranzschwinger und Sieger des Oberaargauischen Schwingfestes 1984.
«Die Nachwuchsförderung spielt eine zentrale Rolle», sagt auch Rolf Gasser, Leiter Geschäftsstelle des Eidgenössischen Schwingerverbands, ehemaliger Präsident des Schwingklubs Kirchberg und dieses Jahr OK-Präsident des Oberaargauischen Schwingfests in Kirchberg. Doch er räumt ein, dass derzeit Thun, Schwarzenburg und Worbental im Kanton Bern über mehr stärkere Schwinger als Kirchberg verfügen. In Kirchberg sei zurzeit «nur» der Eidgenosse Remo Käser (51 Kränze) ein Spitzenschwinger.
«Es gibt gewisse Jahrgänge, die nicht so erfolgreich sind oder aufgehört haben mit Schwingen», erklärt Gasser und fügt hinzu: «Die Kirchberger probieren mit guter Nachwuchsschulung die Schwinger an frühere Erfolge heranzuführen.»
Neues Amt übernommen
Die Erfolge des Nachwuchses bekommt Katharina Kropf jeweils nicht mehr direkt vor Ort mit, denn vor rund 15 Jahren hat sie das Chauffeur-Amt abgegeben. Seither führt sie die Festwirtschaft am Hallenschwinget. Zusammengegriffen wird jeweils im Februar im Schwingkeller des Clubs.
Am Pfingstsamstag wird sie als Zuschauerin auf der Tribüne beim Oberaargauischen mitfiebern. Denn während zwei ihrer Söhne die Zwilchhosen bereits an den Nagel gehängt haben, wird Thomas das letzte Mal in den Sägemehlring steigen, danach beendet auch er seine Karriere.
Und Katharina Kropf? Denkt auch sie ans Aufhören? Noch bevor sie die Frage beantworten kann, wirft ihr Men Wälti einen Seitenblick zu und sagt. «Du kannst erst aufhören, wenn ich als Präsident zurücktreten werde.» Einen Augenblick ist die sonst redegewandte Frau sprachlos. Dann sagt sie: «Das hat dein Vorgänger auch schon zu mir gesagt.»
Programm: Am Samstag, 27. Mai, findet in Kirchberg das Oberaargauische Schwingfest statt. Am Sonntag, 28. Mai, feiert der Schwingklub Kirchberg sein 100-jähriges Bestehen. Und am Montag, 29. Mai, wird der Oberaargauische Nachwuchsschwingertag durchgeführt.
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