Schweizer Sieg in LitauenEin 4:0 für den Final in Italien
Mit drei Toren in der Viertelstunde vor der Pause legen die Schweizer die Basis zum ungefährdeten Sieg in Litauen – nun wartet am 12. November das grosse Spiel um den Gruppensieg.

«Wir sind die Favoriten», sagte Murat Yakin vorletzte Woche, als er sein Kader für die WM-Qualifikationsspiele gegen Nordirland und in Litauen bekanntgab, «wir sind gefordert.» Und seine Forderung war auch klar: Sechs Punkte mussten es sein gegen diese bescheidenen Vertreter des internationalen Fussballs.
Als in Vilnius ein paar Minuten vor Mitternacht Lokalzeit das Spiel zu Ende ist, kann der Nationaltrainer beruhigt in die Runde schauen: Seine Mannschaft hat an diesem Dienstag in einem trostlosen Rahmen die Aufgabe erfüllt und nach Nordirland auch Litauen besiegt. 4:0 steht es an einem winterlich kalten Abend an einem Ort, der an die tiefste Fussballprovinz erinnert.
Dieses Resultat bedeutet, dass die Schweizer nach sechs Spielen in der Gruppe C punktgleich mit Italien sind, mit einem Torverhältnis, das nur noch minimal schlechter ist. Vor allem aber heisst das: Mit einem Sieg am 12. November in Rom gegen Italien und einem Unentschieden, nur schon einem 0:0 drei Tage danach in Luzern gegen Bulgarien, sind sie Gruppenerster und direkt qualifiziert für die WM in Katar.
Das wäre ein Coup, weil die Italiener seit der Auslosung der grosse Favorit in dieser Gruppe sind, erst recht seit diesem Sommer und ihrem Triumph an der EM. Natürlich bleiben sie auch jetzt noch der Favorit, zumindest auf dem Papier. Aber wer weiss, wie es im entscheidenden Moment, in dem sie so viel zu verlieren haben, um ihre Nerven bestellt ist. Das Trauma, dass sie vor vier Jahren in der Barrage gegen Schweden die WM in Russland verpassten, dürfte sie nun wieder einholen.
Embolo, Steffen, Embolo
Die Schweizer entscheiden diesen Match in Vilnius zwischen der 31. und 45. Minute. Bis dahin spielen sie nicht gut, sie haben nicht annähernd die Dynamik vom Samstag, als sie in Genf 2:0 gegen Nordirland gewannen und dem Publikum Freude bereiteten. Sie wirken eine halbe Stunde lang träge und uninspiriert, sie kommen weder auf den Flügeln noch in der Mitte so durch, wie sie sich das vorgestellt haben. Einmal schiesst Zuber, der Goalie lenkt zum Corner. Einmal lobt Shaqiri den Ball, ein Verteidiger klärt auf der Linie. Und Rodriguez’ Schuss aus guter Position fällt sehr harmlos aus.
Das ist es während der ersten 30 Minuten von den Schweizern, es bietet keinen Anlass für Begeisterungsstürme. Dann kann Shaqiri einen Corner treten, und in der Mitte nutzt Breel Embolo seine Wasserverdrängung aus und erzielt mit seinem wuchtigen Kopfball das Führungstor.
In diesem Moment ist auch schon klar, dass das der Sieg für Yakins Mannschaft sein muss. Viel zu harmlos und unbedarft ist dieses Litauen, die Nummer 137 der Weltrangliste, direkt vor St. Kitts und Nevis, Surinam und den Solomon-Inseln klassiert. Ein einziges Mal geht von ihm so etwas wie Gefahr aus, das ist nach einer Tändelei von Elvedi. Doch der Schuss des freistehenden Novikovas fliegt hoch übers Tor.
Nachdem kurz darauf Embolo die Zweifel schon einmal beseitigt hat, wer diesen Match gewinnt, dauert es nur elf Minuten bis zum zweiten Treffer. Schär schlägt den Ball in den Lauf von Renato Steffen. Der litauische Goalie weiss nicht, ob er rauslaufen soll oder doch nicht, schliesslich entscheidet er sich für ein Mittelding, und Steffen nutzt dessen Fehler, um mit einem Lob aus 16 Metern das 2:0 für die Schweizer zu erzielen. In der 45. Minute tritt Shaqiri den nächsten Corner, die Litauer sind unsortiert, und Embolo stochert den Ball aus wenigen Metern über die Linie.
Das Bedauern wegen Belfast
Die Schweizer führen mit drei Treffern und verdienen sich dafür ein Kompliment: Es ist auch eine Qualität, aus einer solchen Leistung so viel herauszuholen. Die Fortsetzung ist Pflichterfüllung. Shaqiri verfehlt mit einem Schlenzer das Tor knapp, Embolo trifft das Aussennetz. Yakin wechselt drei neue Offensivspieler ein, Fassnacht, Vargas und Gavranovic. Schär scheitert spät noch mit einem Kopfball und Vargas mit seinem Nachschuss. Die Schweizer machen insgesamt zu wenig, um nicht nur nach Punkten, sondern auch bei der Tordifferenz zu Italien aufzuschliessen. Dafür genügt das 4:0 von Mario Gavranovic in der Nachspielzeit nicht mehr.
Mit einer makellosen Bilanz nach vier Qualifikationsspielen unter Yakin steht die Defensive da. Kein Gegentor gegen Italien, keines zweimal gegen Nordirland und nun ebenfalls keines in Litauen – das steht dafür, dass die Schweizer defensiv mit der nötigen Disziplin agieren. Nur eines müssen die Schweizer bedauern: wieso sie vor einem Monat nicht mehr machten, um in Belfast gegen Nordirland zu gewinnen. Sie wären sonst Gruppenerster.
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