
Wir sind als langjährige Freunde eines Ehepaars zur Feier des 80. Geburtstags eingeladen. Das Paar ist recht begütert, besitzt diverse Firmen im Schwarzwald. Das Fest findet an einem mondänen Ort statt. Also alles vom Feinsten. Bezüglich Geschenke steht auf der Einladung folgender (gekürzter) Satz: «Wenn ihr uns was schenken möchtet, würden wir uns über einen Beitrag für unsere nächste Reise freuen . . .» Zu erwähnen ist noch, dass dieses Paar praktisch schon alle Erdteile bereist hat. Wir möchten unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen, finden den Wunsch aber reichlich daneben. Wie sieht eine diplomatische Lösung aus?
P. und J. F.
Liebe Frau F. und lieber Herr F., wir wollen das Unangenehme gleich hinter uns bringen: Sie kommen nicht drum herum, ein Couvert zu deponieren auf dem Gabentisch (es wird einen Gabentisch geben, und was für einen!). Es gibt kein diplomatisches Ausweichmanöver, keine höfliche Alternative, denn alles andere, als den Wunsch der Gastgeber zu respektieren, wäre ein Affront. Rücken Sie also zähneknirschend was raus; Sie könnten höchstens den Betrag zaunpfahlwinkmässig niedrig halten und auf dem Kärtchen vermerken: «Kleiner Zustupf für 1 Übernachtung in einer Jugi – wenn man ein Fünfsternhotel gesehen hat, hat man doch alle gesehen, im Alter auf zu neuen Horizonten!» Aber auch davon ist abzuraten.
Es bleibt Ihnen daher nichts anderes übrig, als die Faust im Sack zu machen. Und im Gegenzug am Buffet zuzuschlagen (wenn es denn eines gibt, was ich nicht hoffe, weil Buffets ein Graus sind, so dieses Herumirren zwischen Töpfen, schrecklich, deshalb: Tod den Buffets!)
Sie sollten darob indes keinesfalls verdriesslich werden, sondern einfach hinnehmen, dass Sie nun wissen, mit wem Sie es da zu tun haben. Der Umgang mit Geld sagt mehr über den Mitmenschen aus als dessen politische Gesinnung. Grosszügigkeit ist keine Frage des Kontostands, sondern eine Haltung, die sich in allen Lebensbereichen manifestiert; das ist etwas Inneres und vor allem etwas ungemein Vornehmes. Ihrem Schwarzwald-Ehepaar geht sie ab, da kann noch lang alles vom Feinsten sein. Wer mit der grossen Kelle anrichtet, hat sich in jeder Hinsicht entsprechend zu verhalten. Da passt es schlecht, die hohle Hand zu machen.
Trinken Sie daher grad extra einen über den Durst. Der Wein wird ja wohl von der anständigen Sorte sein.
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Dürfen sich Reiche Geld wünschen?
In gewissen Situationen kommt man nicht umhin, ein Couvert auf dem Gabentisch zu deponieren.