
Wer an einer Depression leidet, für den oder die ist nicht der Herbst die schlimmste Zeit, wie das Gedicht von Rainer Maria Rilke andeutet – «wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben» –, sondern der Frühling. Während sich alle anderen leichter fühlen, wird den Schwermütigen die Tiefe ihrer Verzweiflung noch stärker bewusst. Blühende Bäume, suizidale Gedanken.
Der Frühling sollte froh machen und heiter. Aus diesem Grund formulieren wir folgenden Aufruf: Der Fake-Frühling, der uns seit Wochen plagt, muss aufhören; wir wollen The Real Thing. Keine strahlend schönen, aber bitterkalten Tage mehr. Kein Regengschleipf, wie es uns für die nächsten vier Tage prognostiziert wird, sondern Schönheit und Wärme, und das gleichzeitig. Das Duften der Blüten, der Free Jazz der Vögel, das Flattern der Wäsche, kurz: meteorologisch gesteuerte Zuversicht.
Am Montag zeigte sich das Wetter zwar schön und leicht bewölkt. Aber haben Sie die Prognose für die laufende Woche gesehen? Vier Tage lang Regen oder Regenschauer; vier Anlässe für schlechte Laune.
Bis auf ein paar Fanatiker wissen wir alle, dass es wegen der Klimaerwärmung schlimmer kommen wird. Dürre im Sommer, Eiseskälte im Winter. Hurrikane, Stürme, Überschwemmungen. Versandung in Afrika, Eisschmelze an den Polen, Versalzung der Flüsse, Flutungen von Ufern. Möglicherweise werden wir wieder so abhängig vom Wetter wie unsere Vorfahren. Kalte Witterung und schlechtes Wetter konnten Ernten vernichten und Hungersnöte auslösen. Die kleine Eiszeit brachte Kälte, Frost, Unruhen und die Ermordung sogenannter Hexen als angebliche Verursacherinnen.
Umso mehr brauchen wir jetzt dieses tröstende, willkommen heissende, die Welt umarmende, Frauen in leichten Kleidern oder Männer in spitzen Schuhen anschauende, hoch auf die Gipfel steigende, tief in die Täler blickende, sich am Morgen freuende, den Abend ausströmen lassende Gefühl des Frühlings: als neues Leben.
Keine schönen, aber bitterkalten Tage mehr. Keine Regenschauer, wie sie uns vorausgesagt werden.
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Kommentar zum schlechten Wetter – Dieser Fake-Frühling muss aufhören
Kälte und Regen bis in die Niederungen: Wir haben genug.