«Die Polizei hat nicht den ersten Zug gemacht»
Der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause sieht den Polizeieinsatz vom Samstag als gerechtfertigt an. «Alles andere als optimal» sei aber die Situation beim Markt gewesen.
Herr Nause, was ist Ihr Fazit zum Polizeieinsatz vom Samstag?
Ich kann eine positive Bilanz ziehen, die Polizei hat den Auftrag des Gemeinderates, die Kundgebung zu verhindern, erfüllt. Es ist nicht zur Kundgebung und nicht zu Sachbeschädigungen gekommen.
War das Grossaufgebot auch im Nachhinein gerechtfertigt?
Angesichts der schwierigen Lage mit vielen Menschen in der Innenstadt und den anderen Anlässen wie dem Rendez-vous Bundesplatz war die Sicherheitseinschätzung richtig. Es kamen mehrere Hundert Aktivisten in die Stadt, teilweise auch aus anderen Kantonen.
Die anonymen Organisatoren reden von 200 bis 300 Teilnehmenden. Teilen Sie die Schätzung?
Das ist schwierig zu beurteilen. Die Organisatoren hatten dazu aufgerufen, sich unter die Passanten zu mischen und sich unauffällig zu kleiden, zudem wechselten sie wiederholt ihren Treffpunkt. Zum Zeitpunkt der ersten Besammlung beim Käfigturm war gerade der Abbau des Marktes im Gange, das war eine sehr unübersichtliche Situation.
Wegen der Kundgebung hatte man die Marktbetreiber aufgefordert, früher mit dem Abbau zu beginnen, was sie allerdings nicht taten. Wie will man damit in künftigen Fällen umgehen?
Zum Glück kam es beim Bärenplatz nicht zu Auseinandersetzungen, sonst wäre die Situation zwischen Kundgebung, Standabbau und den Fahrzeugen sehr schwierig geworden. Wir werden jetzt das Gespräch mit den Betreibern suchen, die Situation war alles andere als optimal. Die Aufforderung zum früheren Abbau war zu ihrem eigenen Schutz. Bei anderen Gelegenheiten waren die Marktbetreiber selbst die Leidtragenden.
Nach Demo-Aufrufen in sozialen Medien war am Samstag die Innenstadt zum zweiten Mal in kurzer Zeit in Polizeihand. Geht das nun so weiter?
Zur Entspannung der Situation wäre es gut, einen Kanal herzustellen, in dem zumindest ein Minimaldialog möglich ist. Wir hatten vor dem Samstag versucht, zu den Organisatoren Kontakt aufzunehmen, leider ist unsere Offenheit bis zum heutigen Tag nicht erwidert worden.
Was, wenn es nicht gelingt, einen Dialog herzustellen? Die Organisatoren haben es als Teil des Protestes erklärt, kein Bewilligungsgesuch einzureichen, und bereits weitere Aktionen angekündigt.
Wie wir damit umgehen werden, ist abhängig von der Sicherheitseinschätzung im Einzelfall. Die Rahmenbedingungen einer solchen Kundgebung ändern von Fall zu Fall.
Katz- und Maus-Spiel zwischen Polizei und Aktivisten (Video: sda)
Könnte man solche Kundgebungen denn nicht einfach gewähren zu lassen?
Kundgebungsaufrufe beurteilen wir immer im Einzelfall. In der Vergangenheit haben wir das ganze Spektrum an Vorgehensweisen schon erlebt, grosso modo kommt es etwa in der Hälfte der «Antifa»-Kundgebungen zu Sachbeschädigungen. Zumindest diese zwei Mal blieben die Sachbeschädigungen nun aus.
Die Lage fühlte sich an wie ein Katz- und Maus-Spiel zwischen Polizei und Aktivisten.
Dazu kann ich nur sagen, dass nicht die Polizei den ersten Zug gemacht hat.
Für die Aktivisten geht es laut einer Medienmitteilung nicht mehr um ihre Kundgebung, sondern um das Recht zu demonstrieren an sich. Was halten Sie davon?
Wenn wir bereits wiederholt Kundgebungsgesuche abgelehnt hätten, würde ich das ja verstehen. Aber in diesem Fall gab es absolut keinen Dialog – es wurde nie ein Gesuch gestellt. Die Stadt Bern erlebt zwischen 250 und 300 Kundgebungen pro Jahr. Eine Mehrzahl der Organisatoren hält sich an die Abläufe. Dann kann man auch die Rahmenbedingungen für eine friedliche Kundgebung ohne grosse Polizeipräsenz abmachen.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch