Die Krise bringt Berner auf die Strasse
Der erste Mai war geprägt von der Solidarität mit den «Deisswilern», der Forderung nach Arbeit und Lohn für alle – und vom Regen. Es kam nicht zu Ausschreitungen, aber zu unangemeldeten Konzerten.

Die Wirtschaftsprognosen werden allmählich optimistischer, doch in der Realität ist die Krise auch in Bern noch präsent – dies machen etwa die Entlassungen bei der Wifag klar. Der Berner Tag der Arbeit steht denn auch ganz im Zeichen der Solidarität, etwa mit den «Deisswilern». Die Gruppe, die von Deisswil nach Bern marschiert ist (siehe Text unten), führt den Umzug an, der sich nachmittags in der Kramgasse Richtung Bundesplatz in Bewegung setzt.
Deisswil führt die Krise vor Augen
Am traditionellen 1.-Mai-Umzug nehmen nebst verschiedenen Gewerkschaften auch Gruppierungen von Kurden, marxistisch-leninistischen Türken und Nepalesen teil. Auch die geschichtsträchtige sozialdemokratische Kinder- und Jugendgruppe Rote Falken, die seit kurzem wieder in Bern aktiv ist, ist dabei – die «Roten» scheinen Aufwind zu haben. Den Abschluss bildet eine Gruppe Autonomer, die altbekannte Solidaritätsparolen skandieren. Dagegen versucht sich die Spitze des Umzugs mit Trillerpfeifen durchzusetzen und ruft ihrerseits «Hopp Deisswil». Zum Auftakt der Kundgebung auf dem Bundesplatz bekräftigt ein «Deisswiler» nochmals den Willen der Arbeiter, mit «diversen Aktionen» weiterzukämpfen. Immerhin habe man durch den Besuch beim österreichischen Besitzer Mayr-Melnhof erreicht, den Direktor Hörmannseder «nach Bern zu zitieren».
Ruedi Keller, SP-Stadtrat und Präsident des Gewerkschaftsbundes Bern und Umgebung sowie Paul Rechsteiner, SP-Nationalrat ,und Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, verknüpfen in ihren Reden die Solidarität mit den «Deisswilern» mit der Werbung für anstehende sozialdemokratische Initiativen. Rechsteiner warnt zudem vor der Hetze gegen Minderheiten, die von den krisenbedingten Unsicherheiten geschürt werde. Unia-Geschäftsleitungsmitglied Vania Aleva hebt die Bedeutung der Losung «Arbeit, Lohn und Rente» für gesellschaftliche Gruppen hervor. Während ältere Menschen ihre Arbeit verlören, werde den jugendlichen Stellensuchenden der Eintritt in die Arbeitswelt verwehrt. Trotz des schlechten Wetters nehmen gemäss polizeilicher Schätzung rund 1500 Personen an den Feierlichkeiten teil.
Das «revolutionäre 1.-Mai-Bündnis» hat in kämpferischen Tönen zur Demonstration aufgerufen und sich dezidiert von den «System-Linken» distanziert. Diese wollten den Kapitalismus lediglich reformieren, anstatt ihn gänzlich zu überwinden. Trotzdem bleibt es im Sektor der Autonomen ruhig, abgesehen von ein paar Rauchpetarden und etwas Feuerwerk. Eine Handvoll Personen ist vermummt.
In Bern bleibt es friedlich
Wie bereits letztes Jahr verabschieden sich die Autonomen am Bärenplatz von der offiziellen Kundgebung und ziehen weiter zur Reitschule. Ausschreitungen gibt es keine.
Auch in den Augen der Kantonspolizei ist der Umzug ruhig verlaufen. Während der Konzerte auf dem Reitschul-Vorplatz sei es jedoch zu Lärmklagen gekommen. «Wir sind nicht über die Konzerte informiert worden, wie dies abgemacht gewesen wäre», sagt Sicherheitsdirektor Reto Nause. Ob sich die Veranstaltung insgesamt im Rahmen der Vereinbarungen zwischen Stadt und Reitschule bewegt hat, werde noch abgeklärt. «Für uns war wichtig, dass der 1. Mai friedlich über die Bühne geht.»
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