Die Jenischen laden zur Fekker-Chilbi in Brienz
Brienz wird am Wochenende zum vierten Mal Gastort der Fekker-Chilbi. An dem traditionellen Fest treffen sich Schweizer Fahrende, aber auch der Austausch mit der sesshaften Bevölkerung wird gesucht.

Schweizer Fahrende treffen sich am kommenden Wochenende in Brienz zur traditionellen Fekker-Chilbi. Aber auch Sesshafte sind eingeladen: «Es ist ein Fest, an dem sich Sesshafte und Fahrende treffen und diskutieren können», sagt Daniel Huber, «es ist ein Ort für den Dialog.» Huber ist Präsident der Radgenossenschaft der Landstrasse, die Dachorganisation der Jenischen in der Schweiz. Sie organisiert die Chilbi.
Standplätze bewahren die Kultur
Seit 1998 sind die Fahrenden in der Schweiz als Minderheit anerkannt. Dennoch hätten die Jenischen nach wie vor mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. «Seit Jahrhunderten werden Vorurteile wie die von den dreckigen Zigeunern weitergegeben», so Huber. Oft würden auch Vorurteile gegenüber Roma auf die Jenischen übertragen. «Dabei sind wir Schweizer, haben die gleichen Pflichten und Rechte.» Gemäss Huber leben gesamthaft 35 000 Jenische in der Schweiz. Damit sei die Gemeinschaft schon fast so gross wie der Kanton Glarus mit seinen über 39 000 Einwohnern. «Wir sind der 27. Kanton der Schweiz», sagt er.
Die Forderungen der Jenischen sind seit Jahren dieselben: Es braucht mehr der raren Stand- und Durchgangsplätze. Erstere können die Fahrenden jeweils im Winter nutzen, Letztere im Sommer für jeweils einen Monat. «Es gibt zu wenige Plätze für die 3000 bis 5000 Jenischen, die heute noch fahrend leben», sagt Huber. Ohne zusätzliche Plätze könnten die Jenischen ihre Kultur nicht leben. «Es ist schon genug Schweizer Kultur verloren gegangen.» Zur «Konkurrenz» durch die Roma, die oft dieselben Plätze beanspruchten, sagt Huber: «Mit Schengen hätten auch Transitplätze für Roma geschaffen werden sollen. Es ist ein gesamtschweizerisches Problem, das nicht an uns hängen bleiben darf.»
Handwerk, Musik – und «Bootsch»
An der Fekker-Chilbi gewähren die Fahrenden Einblick in ihre Kultur. An Marktständen bieten sie Waren feil und zeigen traditionelles Handwerk, so zum Beispiel das Messerschleifen. Und: «Es gibt jenisches Essen und jenische Musik», sagt Huber. «So können die Sesshaften erleben, was für ein festliches Volk wir sind.» Ein Ziel sei denn auch, Berührungsängste abzubauen und die Schweizer Bevölkerung für die Anliegen der Fahrenden zu sensibilisieren.
Erleben lässt sich in Brienz auch ein altes jenisches Spiel, das «Bootsch». Es ist vergleichbar mit Boccia oder Pétanque. Beim «Bootschnen» kommen jedoch eckige Steine zum Einsatz. Die Spieler müssen versuchen, ihren eigenen «Bootsch» möglichst nahe an das «Plamp», den Zielgegenstand, zu werfen. An der Fekker-Chilbi wird der neue Schweizer Meister erkoren.
Uralte Tradition
Die Ursprünge des traditionsreichen Festes reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Allen voran der Innerschweizer Ort Gersau im Kanton Schwyz gewährte den Fahrenden jeweils Gastrecht für ihre Landsgemeinde – die Fekker-Chilbi. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Anlass verboten.
In den 1980er-Jahren entsann man sich des Festes wieder. In loser Folge fanden seither mehrere solcher Anlässe statt. Die Brienzer Fekker-Chilbi wird bereits zum vierten Mal durchgeführt. «Hier fühlen wir uns wohl», sagt Daniel Huber dazu.
SDA/fen
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