Die Diebin, die nur Korrupte bestahl
Anstatt weiter als Wanderarbeiterin zu schuften, bestahl die chinesische Bauerntochter Tang Shuiyan hochrangige Beamte. Jetzt ist «Chinas Robin Hood» gefasst – und zeigt ihrem Land, wie käuflich die Elite ist.

Sie nennen sie eine Diebin. Tang Shuiyan selbst fühlte sich mehr wie eine Schatzsucherin. «Das war so lustig, dieses Gefühl, mit einem Mal einfach Geld haben zu können», sagte sie der Zeitung «Südliches Wochenende». Es war oft wie ein Spiel: durch die Gänge schlendern, rein in die Büros, und dann in Schränken, Schubladen, Taschen wühlen. Tief graben musste sie meist nicht. Oft purzelte ihr alles entgegen: teurer Schnaps, Schweizer Uhren, Zigarettenstangen, Berge davon, Bargeld, in Stapeln. Dann die Beute aufhäufen, die Visitenkarte des Amtsleiters, des Parteisekretärs, des Bankdirektors gut sichtbar drauf platzieren, die Fotos machen (das nie vergessen: die Fotos!), ihre Tasche füllen, die grosse schwarze Tasche, fast grösser als sie selbst. Und dann weghuschen.