Trainingsstart beim SC BernDie Alphatiere dürfen auch einmal aneinandergeraten
Die neue SCB-Mannschaft erinnert kaum mehr an die letztjährige. In der Vorbereitung geht es darum, so schnell wie möglich eine Einheit zu werden.

Hätten Fans des SC Bern noch Zweifel daran gehabt, dass ihr Team in der kommenden Saison wirklich ein ganz anderes Gesicht aufweisen werde als zuletzt, so hätte gestern kurz vor Mittag ein fünfminütiger Aufenthalt im «Bäregrabe» diese Zweifel zerstreut. Der Reihe nach erschienen nach dem ersten Eistraining die Nummer 58, die Nummer 44, die Nummer 27 und die Nummer 47 im Durchgang zwischen Trainingsfläche und Garderobe. Wenig später stoppte die Nummer 88 und unterhielt sich mit Sportchef Andrew Ebbett und Verwaltungsrat Mark Streit. Und schliesslich kam auch noch die Nummer 13 auf einen kurzen Schwatz vorbei.
«Ja, das Team sieht wirklich anders aus», schmunzelte Ebbett, der die Einheit konzentriert verfolgt hatte. Romain Loeffel, Jesse Zgraggen, Oscar Lindberg, Sven Bärtschi und Chris DiDomenico sind die Namen hinter den fünf Nummern, an die sich die Fans gewöhnen dürfen – alles Neuverpflichtungen. Nur die Nummer 13 müssen die Fans indes (mindestens einige Jahre) wieder vergessen. Nico Hischier, der NHL-Star und einstige Nummer-1-Draft, absolviert einmal mehr den Auftakt der Vorbereitung mit dem SCB, er wird dann aber weiter für die New Jersey Devils auf Torjagd gehen.
Abschliessend ist die Liste nicht – bei weitem nicht. 14 Neuverpflichtungen sind es, dem gegenüber stehen 15 Abgänge. Bisher, gilt es festzuhalten, ist doch beispielsweise der Lette Kaspars Daugawins noch nicht eingerechnet, der in den Überlegungen keine Rolle mehr spielt.
Eine gewisse Fluktuation innerhalb des spielenden Personals ist in einem Eishockeyteam von Saison zu Saison üblich, ja für weitere Fortschritte zentral. So viele Wechsel wie vor der kommenden Spielzeit sind aber sehr selten, so etwas hat auch Simon Moser noch nie erlebt: «Ich kann mich erinnern, dass es einmal sieben oder acht Zuzüge waren.» Die aktuelle Situation sei aber kein Problem, erklärt der langjährige Captain: «Die meisten Neuverpflichtungen kommen ja aus der Liga und kennen die Verhältnisse hier schon.»
Das Eishockey des 21. Jahrhunderts gemahnt ja auch nicht an ein Nachdiplomstudium in Atomphysik, so gross wie früher zwischen beispielsweise dem sowjetischen und dem kanadischen Spielstil sind die Unterschiede nicht mehr. Wer gewisse Gesetzmässigkeiten befolgt, wird in jedem Leistungsambiente Erfolg haben. Für Moser ist klar, was alle Spieler befolgen müssen: «Es geht um Sachen wie Einsatz und Körpersprache. Die sollten in jedem Training, jedem Freundschaftsspiel und jedem Ernstkampf gleich sein. Und im Spiel ist es vor allem wichtig, Zweikämpfe zu gewinnen.»
Viel Laufarbeit und Videostudium
Sechseinhalb Wochen dauert es noch, bis zum Meisterschaftsstart der EV Zug seine Aufwartung in der Postfinance-Arena macht. Jener EV Zug, dessen Langzeitformkurve in den letzten drei Jahren eine diametral andere Richtung nahm als diejenige des SC Bern und der nach zuletzt zwei Meistertiteln das aktuelle Mass der Schweizer Eishockey-Dinge verkörpert. Zahlreiche Trainings bleiben dem SCB bis dann, um sich den Feinschliff zu holen, dazu acht Testspiele. «Man hat es heute schon gesehen, dass die Vorbereitung sehr laufintensiv wird», definiert Moser eine der Prioritäten, «dazu wird sicher auch viel individuell mit Video gearbeitet.»
Moser gehört seit Jahren wie auch Tristan Scherwey und Ramon Untersander zum Captainteam, und letzte Saison ging es oft darum, die vielen jungen und unerfahrenen Spieler aufzumuntern und ihnen Tipps zu geben. Der interne Konkurrenzkampf fehlte praktisch völlig. Das wird in der kommenden Spielzeit kaum mehr der Fall sein. Dass das Zusammenkommen so vieler Alphatiere auch ein gewisses Konfliktpotenzial birgt, stört Simon Moser nicht, vielmehr sieht er dies als Chance: «Wir haben nun viel mehr Spieler, die Verantwortung übernehmen wollen, und es macht auch nichts, wenn die im Training auch einmal sauer aufeinander sind.» Er lacht und weiss: Das gehört zu einem erfolgreichen Team.
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